Detlef Burhoff, Dr. iur. Thorsten Junker
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Anfechtungserklärung rechtzeitig und vollständig vor Fristablauf dem richtigen Adressaten zugeht. |
2. |
Zugang bedeutet, dass die Erklärung vor Ablauf der Frist in den Gewahrsam des richtigen Adressaten gelangt sein muss. In Betracht kommen persönliche Einlieferung oder Postversand, z.B. durch Einschreiben. |
3. |
Befindet sich der Rechtsmittelführer nicht auf freiem Fuß, kann er sein Rechtsmittel und die sich darauf beziehenden Erklärungen auch zur Protokoll der Geschäftsstelle des AG geben, in dessen Bezirk die Anstalt liegt, in der er auf behördliche Anordnung verwahrt wird. |
Rdn 1574
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Fristen, Allgemeines, Teil A Rdn 1545.
Rdn 1575
1. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Anfechtungserklärung rechtzeitig und vollständig vor Fristablauf dem richtigen Adressaten (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Einlegung, Teil A Rdn 1466 ff.) zugeht (Rdn 1576 ff.).
Rdn 1576
2. Zugang bedeutet, dass die Erklärung vor Ablauf der Frist in den Gewahrsam des richtigen Adressaten gelangt sein muss (BVerfG NJW 1980, 580).
Rdn 1577
a) Besteht eine gemeinsamen Einlauf-/Poststelle mehrerer Justizbehörden, was zumeist für AG und LG sowie für die StA der Fall ist, hängt der Frist wahrende Zugang nach der Rspr. von der zutreffenden Adressierung der Anfechtungserklärung ab (BGH MDR 1983, 214; BayObLG NJW 1988, 714; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2000, 212; OLG Hamm NStZ-RR 2010, 21; OLG Stuttgart NStZ 1987, 185 m. abl. Anm. Maul; Burhoff, HV, Rn 585 f., Rn 2363 f.; a.A. HK-Lemke, §§ 42, 43 Rn 23; KK-StPO/Maul, § 43 Rn 16 [lesenswert!]; LR-Graalmann-Scherer, vor § 42 Rn 22 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 42 Rn 17).
☆ Existiert in der Poststelle der Justizbehörde (auch) ein für die Stadtverwaltung bestimmtes Einlagefach, das nach Auskunft des Personals der Poststelle täglich geleert wird, darf der Verteidiger in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren darauf vertrauen, dass sein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von sechs Tagen, davon vier Arbeitstage, bei dem zuständigen Amt eingehen wird (BVerfG NJW 1991, 1167).Poststelle der Justizbehörde (auch) ein für die Stadtverwaltung bestimmtes Einlagefach, das nach Auskunft des Personals der Poststelle täglich geleert wird, darf der Verteidiger in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren darauf vertrauen, dass sein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid innerhalb von sechs Tagen, davon vier Arbeitstage, bei dem zuständigen Amt eingehen wird (BVerfG NJW 1991, 1167).
Rdn 1578
b) Die persönliche Einlieferung ist möglich durch Einwurf in den (Nacht-)Briefkasten (BGH NJW 1981, 1216), und zwar auch, wenn dieser vor Fristablauf nicht mehr geleert wird (BVerfG NJW 1976, 255), oder durch Abgabe des Schriftstücks in der Posteinlaufstelle des Gerichts. Der Nachweis der Rechtzeitigkeit erfolgt über den Eingangsstempel, bei dem es sich um eine öffentliche Urkunde (§ 418 Abs. 1 ZPO) handelt, deren Beweiskraft durch die schlichte Behauptung, die Rechtsmittelschrift sei rechtzeitig abgegeben/eingeworfen worden, nicht erschüttert werden kann (KG, Beschl. v. 11.7.2001 – 5 Ws 376/01).
☆ Im Fall der persönlichen Einlieferung tut man gut daran, neben dem einzuliefernden Schriftstück eine Kopie mitzuführen , die der in der Posteinlaufstelle tätige Gerichtswachtmeister auf entsprechende Bitte ebenfalls mit dem Eingangsstempel versieht.Kopie mitzuführen, die der in der Posteinlaufstelle tätige Gerichtswachtmeister auf entsprechende Bitte ebenfalls mit dem Eingangsstempel versieht.
Rdn 1579
c)aa) Beim Postversand gelangt das Schriftstück in den gerichtlichen Gewahrsam durch Einsortierung in das Postfach, bzw. der (dortigen) Hinterlegung der Benachrichtigung über eine Einschreibsendung, und zwar gleichgültig, wann dieses geleert wird (BGH NJW 1986, 2646; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 2007, 206 [Beweislast für die Einsortierung/Einlage hat der Versender]). Denn es kann dem Bürger nicht angelastet werden, wenn eine Behörde den fristgerechten Eingang eines Schriftstückes dadurch vereitelt, dass sie zwar einen eigenen Abholdienst bei der Post unterhält, zugleich aber durch dessen Organisation den Bürger schlechter stellt, als es bei einer Anlieferung der Schriftstücke durch Zustellen der Deutschen Post an die Behörde der Fall wäre (BVerfGE 62, 216). Alternative hierzu ist die Einlieferung in der Posteinlaufstelle durch die Post, wo das Schriftstück dann ebenfalls mit einem Eingangsstempel versehen wird.
Rdn 1580
bb) Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Einlegung können aufkommen, wenn der Rechtsmittelverfasser den verspäteten Eingang mit einer überlangen Postlaufzeit begründet.
☆ Die normale Postlaufzeit ist objektiv danach bestimmbar, wie die Deutsche Post sie nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den regelmäßigen Betriebsablauf selbst bemisst (BVerfGE 41, 356).normale Postlaufzeit ist objektiv danach bestimmbar, wie die Deutsche Post sie nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehr...