Dr. Harald Lemke-Küch, Dr. Michael Ch. Jakobs
Rdn 393
Literaturhinweise:
Artkämper/Herrmann/Jakobs/Kruse, Aufgabenfelder der Staatsanwaltschaft, 2008, Rn 859 ff.
Röttle/Wagner, Strafvollstreckung, 8. Aufl. 2009, Rn 269 ff.
Rdn 394
1. Verläuft die Beitreibung erfolglos oder ist sie nach § 459c Abs. 2 StPO als aussichtslos unterblieben, prüft der Rechtspfleger, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe vorliegen und ordnet diese ggfs. an (§ 459e StPO). Die Abordnung muss förmlich erfolgen (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2013, 292) Dem Verurteilten muss zuvor kein rechtliches Gehör gewährt werden, da er von der Vollstreckungsanordnung durch die Ladung zum Strafantritt erfährt und sodann noch Einwendungen geltend machen kann (zur Möglichkeit der Abwendung durch "freie Arbeit" → Erwachsene, Geldstrafen, Ersatzfreiheitsstrafe, freie Arbeit, Teil B Rdn 400).
☆ Zu beachten ist, dass in jeder Lage des Verfahrens ein Vollstreckungshindernis entsteht, sobald der Verurteilte den Geldstrafenbetrag bezahlt . Befindet er sich bereits im Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe, ist er sofort zu entlassen. Geht ein Teilbetrag ein, so verkürzt sich die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend. Wegen eines Teilbetrages, der keinem vollen Tag Freiheitsstrafe entspricht, darf die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht angeordnet werden (§ 459e Abs. 3 StPO).beachten ist, dass in jeder Lage des Verfahrens ein Vollstreckungshindernis entsteht, sobald der Verurteilte den Geldstrafenbetrag bezahlt. Befindet er sich bereits im Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe, ist er sofort zu entlassen. Geht ein Teilbetrag ein, so verkürzt sich die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend. Wegen eines Teilbetrages, der keinem vollen Tag Freiheitsstrafe entspricht, darf die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe nicht angeordnet werden (§ 459e Abs. 3 StPO).
Rdn 395
2. Bei der Berechnung der Ersatzfreiheitsstrafe entspricht einem Tagessatz ein Tag Freiheitsstrafe (§ 43 StGB); etwaig verbüßte U-Haft wird 1:1 angerechnet.
Rdn 396
3. Gegen die Vollstreckungsanordnung kann der Verurteilte Einwendungen gem. § 31 Abs. 6 RpflG, § 459h StPO erheben.
Rdn 397
4.a) Die Härteklausel des § 459f StPO gebietet, dass die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe unterbleibt, wenn diese für den Verurteilten eine unbillige Härte wäre. Das Vollstreckungsheft wird dem Gericht von der StA in diesem Fall – auf Antrag des Verurteilten oder von Amts wegen – mit einem begründeten Antrag zur Entscheidung vorgelegt.
☆ Zu beachten ist, dass eine unbillige Härte nach h.M. nicht schon bei – verschuldeter oder unverschuldeter – Vermögenslosigkeit des Verurteilten vorliegt. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe mit einer außerhalb des Strafzwecks liegenden zusätzlichen Härte verbunden wäre, die dem Verurteilten nicht zugemutet werden kann (BGHSt 27, 90, 93; OLG Düsseldorf MDR 1985, 76).unbillige Härte nach h.M. nicht schon bei – verschuldeter oder unverschuldeter – Vermögenslosigkeit des Verurteilten vorliegt. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe mit einer außerhalb des Strafzwecks liegenden zusätzlichen Härte verbunden wäre, die dem Verurteilten nicht zugemutet werden kann (BGHSt 27, 90, 93; OLG Düsseldorf MDR 1985, 76).
Rdn 398
b) Besondere Umstände kommen z.B. in Betracht, wenn minderjährige Kinder während der Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe in einem Heim untergebracht werden müssten (BVerfG NStZ 1985, 357). Allerdings muss zusätzlich bei dem Verurteilten eine günstige Prognose dahingehend bestehen, dass der Strafzweck auch durch die bloße Verhängung der Geldstrafe erreicht werden kann. An einer solchen positiven Prognose dürfte es daher auch in einem ansonsten vorliegenden Härtefall fehlen, wenn der Verurteilte nach der in Rede stehenden rechtskräftigen Verurteilung erneut einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist (vgl. LG Saarbrücken, Beschl. v. 15.7.2010 – 2 Qs 19/10). I.Ü. bewirkt die Anordnung gem. § 459f StPO lediglich einen Aufschub der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe, so dass das Gericht sie bei Wegfall der Voraussetzungen nachträglich widerrufen kann; ferner ist die Beitreibung der Geldstrafe weiterhin zulässig.
Rdn 399
c) Zuständig für die Anordnung gem. § 459f StPO ist das Gericht des ersten Rechtszuges (§§ 462, 462a StPO). Gegen den Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft (§ 462 Abs. 3 StPO; zur sofortigen Beschwerde Burhoff, EV, Rn 3366; Burhoff/Kotz/Kotz, RM, Teil A Rn 612 ff.).
Siehe auch: → Erwachsene, Geldstrafen, Allgemeines, Teil B Rdn 366 m.w.N.; → Erwachsene, Geldstrafen, Ersatzfreiheitsstrafe, freie Arbeit, Teil B Rdn 400; → Erwachsene, Geldstrafen, Ersatzfreiheitsstrafe, Zahlungserleichterungen, Teil B Rdn 410; → Erwachsene, Vollstreckung, Allgemeines, Teil B Rdn 426 m.w.N.