Detlef Burhoff, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Für die Teilnahme des Rechtsanwalts an der HV im Berufungsverfahren entsteht die Nr. 4126 VV RVG. |
2. |
Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr ist, dass ein HV-Termin im Berufungsverfahren stattgefunden und der Rechtsanwalt daran teilgenommen hat. |
3. |
Die Terminsgebühr erfasst die "Teilnahme" an der Berufungs-HV. |
4. |
Bei der Bemessung der Wahlanwaltsterminsgebühr sind über § 14 Abs. 1 RVG die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Der Pflichtverteidiger erhält Festbetragsgebühren. |
Rdn 100
Literaturhinweise:
Burhoff, Die Terminsgebühr im Straf- bzw. Bußgeldverfahren, RVGreport 2010, 3
ders., Die Terminsgebühr im Straf- und Bußgeldverfahren, RENOpraxis 2011, 198
ders., 25 Fragen und Antworten zur Terminsgebühr in Straf- und Bußgeldverfahren, RVGprofessionell 2013, 124
ders., Rechtsprechungsübersicht zur Bemessung der Terminsgebühr in Strafverfahren, RVGprofessionell 2013, 142
s. i.Ü. die Hinw. bei → Allgemeine Gebührenfragen, Allgemeines, Teil D Rdn 2, und bei → Berufung, Gebühren, Teil D Rdn 83.
Rdn 101
1. Für die Teilnahme des Rechtsanwalts an der HV im Berufungsverfahren entsteht die Nr. 4126 VV RVG. Für diese gelten die allgemeinen Regeln für die Terminsgebühr (Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG) (vgl. dazu → Terminsgebühr, Abgeltungsbereich, Teil D Rdn 394; → Terminsgebühr, Allgemeines, Teil D Rdn 402). Finden während des Berufungsverfahrens noch andere "gerichtliche Termine" außerhalb der HV statt, wie z.B. eine Haftprüfung oder eine kommissarische Vernehmung, entsteht dafür neben der Terminsgebühr Nr. 4126 VV RVG ggf. eine solche nach Nr. 4102 VV RVG (vgl. das Beispiel bei Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4126 VV Rn 4; zur Nr. 4102 VV RVG Burhoff StRR 2015, 213).
☆ Soweit durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts eine Berufungs-HV entbehrlich wird, z.B. durch fristgerechte Rücknahme der Berufung , entsteht dafür nach Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG eine sog. Befriedungsgebühr i.H.d. Verfahrensgebühr der ersten Instanz (→ Berufung, Zusätzliche Verfahrensgebühr [Nr. 4141 VV RVG] , Teil D Rdn 115 , m.w.N.; wegen der Einzelh. zu Nr. 4141 VV RVG eingehend Burhoff/ Burhoff , RVG, Nr. 4141 VV Rn 1 ff.).Rücknahme der Berufung, entsteht dafür nach Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG eine sog. Befriedungsgebühr i.H.d. Verfahrensgebühr der ersten Instanz (→ Berufung, Zusätzliche Verfahrensgebühr [Nr. 4141 VV RVG], Teil D Rdn 115, m.w.N.; wegen der Einzelh. zu Nr. 4141 VV RVG eingehend Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4141 VV Rn 1 ff.).
Rdn 102
2. Voraussetzung für das Entstehen der Terminsgebühr ist, dass ein HV-Termin im Berufungsverfahren stattgefunden und der Rechtsanwalt daran teilgenommen hat. Die HV beginnt auch im Berufungsverfahren nach §§ 324 Abs. 1 S. 1, 243 Abs. 1 S. 1 mit dem Aufruf zur Sache. Die Terminsgebühr entsteht daher, sofern der Rechtsanwalt beim Aufruf der Sache anwesend ist oder, wenn er beim Aufruf der Sache (noch) nicht anwesend ist, wenn er später in der Berufungshauptverhandlung auftritt/erscheint (vgl. Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4108 VV Rn 6 ff.). Ausreichend für das Entstehen der Terminsgebühr ist auch im Berufungsverfahren die bloße Anwesenheit des Rechtsanwalts im Termin. Er muss also auch hier keine Anträge gestellt und auch nicht zu bestimmten Fragen Stellung genommen haben. Unerheblich ist, ob der Angeklagte anwesend ist/war (s. z.B. im Fall des § 329 Abs. 1).
Rdn 103
3. Die Terminsgebühr erfasst die "Teilnahme" an der Berufungs-HV. Wegen der Einzelh. kann verwiesen werden auf die Ausführungen bei Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4108 VV Rn 2 ff.) (s.a. noch → Terminsgebühr, Abgeltungsbereich, Teil D Rdn 394; → Terminsgebühr, Allgemeines, Teil D Rdn 402). Befindet sich der Mandant des Rechtsanwalts zum Zeitpunkt des HV-Termins nicht auf freiem Fuß, entsteht die Terminsgebühr Nr. 4126 VV RVG mit Haftzuschlag (Nr. 4127 VV RVG i.V.m. Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG; wegen der Einzelh. → U-Haft-Fragen, Gebühren, Teil D Rdn 414).
Rdn 104
4.a) Bei der Bemessung der Wahlanwaltsterminsgebühr sind über § 14 Abs. 1 RVG die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen (→ Allgemeine Gebührenfragen, Wahlverteidiger, Teil D Rdn 31; vgl. allgemein zur Bemessung der Terminsgebühr → Terminsgebühr, Allgemeines, Teil D Rdn 402). Dabei spielt die Dauer der Berufungs-HV eine erhebliche Rolle (vgl. dazu auch Burhoff/Burhoff, RVG, Nr. 4108 VV Rn 22 ff.). Sie dürfte derzeit bei durchschnittlich etwa 2,5 bis drei Stunden liegen (Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 73 unter Hinweis auf LG Hannover JurBüro 2011, 304; LG Wiesbaden JurBüro 2007, 27 [3 1/2 Stunden HV-Dauer führen auch bei Strafmaßberufung zur Mittelgebühr]). Geringere Hauptverhandlungsdauern werden i.d.R. als unterdurchschnittlich angesehen (s. LG Neuruppin, Beschl. v. 22.12.2011 – 11 Qs 72/11 [90 Minuten deutlich unterdurchschnittlich]; LG Saarbrücken, Beschl. v. 5.2.2015 – 6 Qs 17/15 [30 Minuten]; s. aber auch LG Hamburg AGS 2008, 343 [HV-Dauer von 35 Minuten in der Berufung unter Berücksichtigung der Vorbereitungszeit ...