Leitsatz

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist rechtsfähig, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt.
  2. Neben der Haftung der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft kommt eine akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer nur in Betracht, wenn diese sich neben dem Verband klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet haben.
  3. Gläubiger der Gemeinschaft können auf deren Verwaltungsvermögen zugreifen, das auch die Ansprüche der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer und gegen Dritte umfasst.
  4. Zu den pfändbaren Ansprüchen der Gemeinschaft gehören der Anspruch, ihr die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan, seine Ergänzung (Deckungsumlage) oder die Jahresabrechnung zu verschaffen, sowie Ansprüche aus Verletzung dieser Verpflichtung.
  5. Soweit der Verwalter als Organ der Gemeinschaft nicht kraft Gesetzes zur Vertretung berechtigt ist, werden seine Kompetenzen durch solche der Wohnungseigentümer ergänzt, denen die entsprechende Bevollmächtigung des Verwalters oder die Fassung des von ihm nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auszuführenden Beschlusses obliegt.
  6. Die Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung betrifft die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaft und richtet sich daher nicht gegen den Verband, sondern gegen die übrigen Wohnungseigentümer.
  7. Der Einzelwirtschaftsplan gehört zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans. Die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftsplan ist auf Antrag für ungültig zu erklären.
 

Normenkette

§§ 10 Abs. 1, 23 Abs. 4, 27, 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG

 

Kommentar

Der BGH hat eine Vorlage des BayObLG zur Frage, ob die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftspläne ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, zum Anlass genommen, eine für die Praxis der Wohnungseigentümergemeinschaften überragend bedeutsame Entscheidung zu treffen: Der BGH hat die Wohnungseigentümergemeinschaft als teilrechtsfähig anerkannt.

Fast zum Nebenschauplatz wird da schon der eigentliche Anlass der Entscheidung, die auf Vorlage des BayObLG v. 29.12.2004, 2Z BR 112/04 (siehe Gruppe 2, S. 5922), ergangen ist. Das BayObLG jedenfalls vertritt die Auffassung, dass die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftspläne nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Demgegenüber ist das KG der Auffassung, das Fehlen der Einzelwirtschaftspläne allein führe nicht zur Anfechtbarkeit des Gesamtwirtschaftsplans. Der BGH hat sich in dieser Entscheidung der Auffassung des BayObLG angeschlossen und festgestellt, dass der Einzelwirtschaftsplan zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Wirtschaftsplans gehört. Folglich ist der Eigentümerbeschluss über die Genehmigung eines Wirtschaftsplans ohne Einzelwirtschaftspläne auf Antrag für ungültig zu erklären.

 

1 Sachverhalt

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte bereits im Jahr 1976 mit einem Grundstücksbetreuungsunternehmen einen Vertrag über die Pflege, Wartung und Erneuerung gemeinschaftlicher Einrichtungen abgeschlossen. In den Folgejahren wurden die entsprechenden Kosten in den Wirtschaftsplan bzw. nach Abrechnung in die Jahresabrechnung aufgenommen. Im Jahr 2000 stand die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan für die kommende Wirtschaftsperiode an. Im Wirtschaftsplan waren auch Kosten für die Sanierung von Teilen des Gemeinschaftseigentums auf Grundlage des im Jahr 1976 geschlossenen Vertrags enthalten. Einige Eigentümer waren der Auffassung, diese Kosten dürften in den Wirtschaftsplan nicht aufgenommen werden. Ein entsprechender Antrag, den Wirtschaftsplan nur ohne die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen zu genehmigen, wurde abgelehnt und die ursprüngliche Beschlussvorlage angenommen. Hierauf wurde der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans schließlich angefochten.

Zu klären war demnach, ob die strittige Forderung zu Recht in den Wirtschaftsplan eingestellt wurde. Strittige Forderungen sind jedenfalls dann in den Wirtschaftsplan einzustellen, wenn die Wohnungseigentümer ernsthaft damit rechnen müssen, dafür berechtigt in Anspruch genommen zu werden. Dies ist jedoch hinsichtlich der Verbindlichkeiten auf Grundlage des Vertrags aus dem Jahr 1976 nach bisher herrschender Meinung nur dann der Fall, wenn entweder seit dem Vertragsschluss kein Eigentümerwechsel eingetreten ist oder etwaige Sondernachfolger die Verpflichtungen aus dem Vertrag übernommen haben. Sind dagegen alle Vertragspartner aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden, handelt es sich nicht mehr um eine Verwaltungsschuld der jetzigen Wohnungseigentümer, die in den Wirtschaftsplan eingestellt werden darf.

Der BGH kommt nun zum Ergebnis, dass die Haftung für die Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag nicht nur die Wohnungseigentümer trifft, die den Vertrag ursprünglich geschlossen hatten, sondern die Gemeinschaft als solche. Bei den in Rede stehenden Verbindlichkeiten hande...

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