Leitsatz

Der Erwerb einer Vielzahl von Sondereigentumseinheiten in der eigenen Anlage durch die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft entspricht auch dann nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Maßnahme zur Lösung von Problemen der Gemeinschaft beitragen soll, die durch eine Vielzahl zahlungsunfähiger oder zahlungsunwilliger Miteigentümer verursacht werden. Ein darauf gerichteter Eigentümerbeschluss ist auch dann für ungültig zu erklären, wenn er zunächst lediglich ein auf den Erwerb von Sondereigentumseinheiten gerichtetes, jedoch Beratungskosten auslösendes Verhandlungsmandat umfasst.

 

Fakten:

Die Wohnungseigentümer fassten mehrheitlich einen Beschluss, mit dem die Verwalterin, der Beirat sowie ein Rechtsanwalt beaufragt wurden, mit mehreren Eigentümern der Gemeinschaft Verhandlungen über den Erwerb ihrer Sondereigentumseinheiten zu führen und die Einzelheiten entsprechender Kaufverträge auszuhandeln. Der Beschluss war indes für ungültig zu erklären, da er gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt. Zwar kann die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums im Einzelfall auch den Erwerb von Sondereigentum umfassen, wenn die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Erwerb erforderlich macht. Angesichts des regelmäßig erheblichen finanziellen Aufwands für den Erwerb, der umzulegenden Folgekosten und des Mehraufwands, der innerhalb des Wirtschaftswesens entsteht, wird der Erwerb von Immobilieneigentum, auch und gerade in der eigenen Anlage, grundsätzlich jedoch nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn ganz gewichtige, über bloße Zweckmäßigkeitserwägungen hinausreichende Gemeinschaftsinteressen für den Erwerb sprechen. Der Erwerb muss nach diesem Maßstab zur Erhaltung, Sicherung, Verbesserung oder zur gewöhnlichen Nutzung des Gemeinschaftseigentums oder des Verwaltungsvermögens erforderlich und geeignet sein. Diese besonderen Voraussetzungen waren vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Einheiten sollten nicht nur vorübergehend zur Vermeidung weiterer Wohngeldausfälle erworben werden, um sie zu einem günstigen Zeitpunkt wieder zu veräußern. Vielmehr sollten die Einheiten, die wirtschaftlich wertlos und nicht veräußerbar sind, bei dem Verband verbleiben. Die Wohnungs- und Teileigentümer werden hierdurch dauerhaft mit einem höheren Anteil an den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums belastet.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 12.08.2010, I-15 Wx 63/10OLG Hamm, Beschluss vom 12.8.2010 – I-15 Wx 63/10

Fazit:

Dieser Mehrbelastung der verbleibenden Wohnungsund Teileigentümer steht ein wirtschaftlich ausgleichender Vermögenserwerb nicht gegenüber. Ein solcher ist mit dem Erwerb der Sondereigentumseinheiten auch nicht beabsichtigt. Denn es geht ersichtlich allein darum, zahlungsunfähige Miteigentümer aus der Gemeinschaft zu entfernen, dies gegen allenfalls symbolische Kaufpreise und unter gleichzeitiger Freistellung von allen rückständigen Zahlungsverpflichtungen. Das kommt einer schlichten Entlassung aus dem Verband gleich und entspricht in wirtschaflicher Hinsicht einem rechtlich nicht zulässigen Verzicht auf das Wohnungsoder Teileigentum.

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