Leitsatz
Die Frage, ob eine Urkunde mit Testierwillen errichtet wurde, ist vom Tatrichter im Wege der Auslegung zu ermitteln; seine Feststellungen können in der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler überprüft werden.
Entspricht ein Schriftstück nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten, sind an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen.
Grundsätzlich bestehen keine Bedenken dagegen, dass handschriftliche Erklärungen mit Überschrift "Testament", Zeitangabe und Unterschrift auf einem Briefumschlag im Bewusstsein einer rechtlichen Bedeutung abgegeben wurden.
Eine formwirksame Anordnung der Testamentsvollstreckung wird nicht ohne weiteres deshalb gegenstandlos, weil das Testament, auf das sie sich bezieht, unwirksam oder weggefallen ist.
Sachverhalt
Die Schwester der Erblasserin wendet sich mit der weiteren Beschwerde gegen die Ablehnung des von ihr beantragten Erbscheins, der sie neben den Kindern einer weiteren vorverstorbenen Schwester zu ½ als Erbin ausweisen sollte.
Die Beteiligten zu 4) und 5) wurden in letztwilligen Verfügungen als Testamentsvollstrecker benannt. Sie übergaben dem Gericht zwei Umschläge mit gleicher von der Erblasserin stammender handschriftlicher Aufschrift "Testament - Mai 2000 - zu meiner letzten Verfügung - testamentarisch auszuführen - gemeinsam, von Herrn WS - Herrn WB - Unterschrift". In den Umschlägen befand sich eine identische einfache Kopie des Testaments von Mai 2000. Die Beschwerdeführerin überreichte eine einfache Kopie eines Testaments von 1996 mit handschriftlichen Originalzusätzen.
Gegen den Vorbescheid des Nachlassgerichts, den beantragten Erbschein mit dem Zusatz der Testamentsvollstreckung zu erlassen, wandte sich die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde. Nach Zurückverweisung der Sache durch das LG hat das Nachlassgericht Beweis erhoben durch die Vernehmung des Ehemannes der Beschwerdeführerin, der Beteiligten zu 4) und 5) und einer weiteren Zeugin. Letztere sah sich zu einer schriftlichen Ergänzung veranlasst. Schlussendlich kam das Nachlassgericht zu dem Ergebnis, dass der Erbfolge das Testament von 2000 zu Grunde zu legen sei, da die Erblasserin dieses unstreitig errichtete und nicht nachweislich bewusst vernichtet habe, und wies den Antrag auf Erbscheinserteilung ohne Testamentsvollstreckung zurück.
Entscheidung
Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
Trotz Fehler in der förmlichen Beweisaufnahme (Nichtbeachtung der Parteiöffentlichkeit gem. § 357 ZPO, Vernehmung der Beteiligten zu 4) u. 5) als Zeugen, schriftliche Aussage der S ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 377 Abs. 3 ZPO) war das Verfahren entscheidungsreif. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass das LG bei Beachtung der Vorschriften zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Richtig ist das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass eine schriftliche Erklärung nur dann als letztwillige Verfügung gelten kann, wenn sie mit Testierwillen abgegeben wurde, d.h. der Erblasser zumindest das Bewusstsein hatte, sie könne als rechtsverbindliche Erklärung angesehen werden. Die Frage, ob eine Urkunde mit Testierwillen errichtet wurde, ist vom Tatrichter im Wege der Auslegung sämtlicher erheblicher Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu ermitteln. Entspricht ein Schriftstück nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten, sind an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen. Die Feststellungen des Tatrichters können dann in der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler überprüft werden.
Vorliegend tragen beide Umschläge die Überschrift "Testament", sind mit der Zeitangabe "Mai 2000" und der Unterschrift der Erblasserin versehen. Die Erblasserin versah beide Umschläge sorgfältig mit exakt gleichlautenden Erklärungen und händigte jedem Testamentsvollstrecker ein Exemplar zur Verwahrung aus. Nicht zu beanstanden ist damit die Ansicht des LG, unter diesen Umständen könne es nicht zweifelhaft sein, dass die Erblasserin nicht zumindest das Bewusstsein hatte, sie könnten als rechtsverbindliche Erklärung angesehen werden.
Nicht zu beanstanden ist ebenfalls die Annahme, dass die formwirksame Anordnung der Testamentsvollstreckung unabhängig von der Wirksamkeit der in den Umschlägen befindlichen weiteren testamentarischen Verfügungen Bestand hat. Der Zusammenhang beider Verfügungen ergibt sich jedoch aus der Verbindung von Umschlag und Inhalt und dem Zusatz "zu meiner letzten Verfügung". Wären die Verfügungen im Umschlag daher unwirksam, würde sich die Wirksamkeit der Umschlagverfügung nach § 2085 BGB beurteilen, d.h. sie wäre ebenfalls unwirksam, wenn anzunehmen sei, dass der Erblasser die übrigen Verfügungen ohne die unwirksamen nicht getroffen hätte. Da die Erblasserin Testamentsvollstreckung aber schon in ihrem ansonsten sehr verschieden Testament von 1996 angeordnet hatte und eine solche auch bei gesetzlicher Erbfolge möglich und bei Vorhandensein mehrer gesetzlicher Erben sogar sinnvoll ist, ist davon auszugehen, dass die Anordnung der Testamentsvollstreckun...