Leitsatz
Eine Testamentsauslegung gem. § 2084 BGB kann ergeben, dass eine Dauervollstreckung über die 30-Jahre-Grenze hinaus fortdauern soll. Ein wichtiger Grund zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers gem. § 2227 BGB liegt vor, wenn er einen wesentlichen Teil des Nachlasses über 25 Jahre nicht in seine Verwaltung aufnimmt und den Erben die Existenz dieses Vermögens verschweigt.
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind zwei der Kinder des 1977 verstorbenen Erblassers und Erben zu je 1/8. Der Beteiligte zu 3) ist ein Schwiegersohn des Erblassers und der vom Erblasser aus "Sorge um den Gesundheitszustand und die Zukunft" der Beteiligten zu 2) eingesetzte Testamentsvollstrecker mit der Aufgabe, das Vermögen wie dasjenige "eines Mündels" zu verwalten und zu verwenden. Zwei weitere Kinder des Erblassers, darunter die inzwischen verstorbene Frau des Beteiligten zu 3), waren als Nacherben der Beteiligten zu 2) eingesetzt.
Noch 1977 erfuhr der Beteiligte zu 3) von einem Depotvermögen in der Schweiz, das er als "illegal" erachtete. Dies war ansonsten nur der Beteiligten zu 5), der Ehefrau des Erblassers bekannt, die auch Kontovollmacht besaß und auch auf das Konto zugriff. Erst Ende 2002 nahm er das Vermögen in die Verwaltung auf und informierte die Beteiligten zu 1) und 2) über dieses Vermögen und stellte die Aufteilung in Aussicht.
Die Beschwerdeführer beantragen mit einer erfolgreichen weiteren Beschwerde die Entlassung des Testamentsvollstreckers; zudem erklärte die Beteiligte zu 2) die Anfechtung der Annahme und gleichzeitig die Ausschlagung der Erbschaft. Bei Kenntnis des Vermögens in der Schweiz hätte sie von Anfang an den Pflichtteil geltend gemacht. So sind beiden Zinserträge nicht zugeführt worden, die sie dringend benötigt hätten, da beide in sehr bescheidenen Verhältnissen lebten, die Beteiligte zu 2) sogar am Existenzminimum.
Entscheidung
Die Beteiligte ist als testamentarische Erbin antragsbefugt. Ihre Anfechtungserklärungen sind gem. § 1954 Abs. 1 und § 2082 BGB verfristet und ein Eigenschaftsirrtum gem. § 119 Abs. 2 BGB nicht schlüssig dargelegt.
Die Testamentsvollstreckung ist nicht durch Ablauf der 30-Jahre-Frist entfallen, da die Aufgaben der Abwicklungsvollstreckung noch fortdauern und der Erblasser als beendigendes Ereignis den Tod der Beteiligten zu 2) bestimmte, vgl. § 2210 Abs. 2 BGB.
Vorliegend beging der Testametsvollstrecker eine grobe Pflichtverletzung, die ein auf Tatsachen beruhendes Misstrauen gegen seine Amtsführung begründet, so dass er gem. § 2227 BGB zu entlassen war. Er hatte den beträchtlichen Vermögensbestandteil in der Schweiz über 25 Jahre nicht in Verwaltung genommen und den Erben sogar verschwiegen. Da die Bankunterlagen nur 10 Jahre aufbewahrt werden, ist eine ordnungsgemäße Rechnungslegung nun nicht mehr möglich. Auch hat der Beteiligte zu 3) das Vermögen nicht mündelsicher (§§ 1806, 1807 BGB) angelegt und die angefallenen Zinsen nicht ausgekehrt. Hinzu kommt, dass sich die ordungsgemäße Verwaltung angesichts der Höhe des Vermögens positiv in der privaten Lebensführung der Erben hätte spürbar machen können. Eine Verwaltung allein im Interesse der Nacherben kann jedoch nicht angenommen werden, da sich der Testamtsvollstrecker wegen der §§ 2124 ff. BGB stets in einem gewissen Interessenkonflikt befindet und eine gewisse Sicherung und Vermehrung des Vermögensstamms angesichts der später zu erwartenden Pflegebedürfrigkeit der Beteiligten zu 2) gerechtfertigt war.
Auch ist das Verschulden des Beteiligten zu 3) nicht als gering anzusehen, wenn er ausführt, der Erblasser habe "zu einem mir nicht bekannten Zeitpunkt offenbar Vermögensteile in die Schweiz in Sicherheit gebracht" und eine Offenlegung wäre "einer Anzeige wegen Steuerhinterziehung gleichgekommen". Anlagen in der Schweiz stellen für sich genommen noch keine Straftat dar und es ist nicht davon auszugehen, dass Steuernachforderungen das gesamte schweizer Vermögen erschöpft oder sogar noch darüber hinaus den Nachlass belastet hätten. Nähere Nachforschungen hierzu hat der Beteiligte zu 3) - ein promovierter Jurist in einer Spitzenposition als Verwaltungsbeamter - auch niemals angestellt.
Angesichts der schweren Verfehlungen lag hier hinsichtlich der Enscheidung über seine Entlassung eine Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass sie der Rechtsprüfung des Bescherdegerichts unterlag.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.09.2008, 3 Wx 98/03