Entscheidungsstichwort (Thema)
arbeitsrechtliche Konkurrentenschutzklage
Leitsatz (amtlich)
1. Der bei der Bewerbung um einen Beförderungsposten (hier: stellvertr. Leiter einer Grundschule) unterlegene Angestellte des öffentlichen Dienstes kann seinen im Hauptsacheprozeß verfolgten sogenannten Bewerberverfahrensanspruch durch einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung vorläufig zu sichern suchen.
2. Im Rahmen dieser sogenannten arbeitsrechtlichen Konkurrentenschutzklage sind die im Beamtenrecht entwickelten Rechtsgrundsätze sinngemäß anzuwenden.
3. Werden dem unterlegenen Bewerber die einzelnen Kriterien, die der Arbeitgeber seiner Auswahlentscheidung zugrundegelegt hat und die ihn in Ausübung seines Beurteilungsermessens dazu bewogen haben, einen anderen Mitbewerber auszuwählen, im Rahmen des Auswahl Verfahrens nicht mitgeteilt, dann ist der Arbeitgeber zu einer solchen Mitteilung spätestens im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet, weil ansonsten der Arbeitnehmer wegen fehlender Kenntnis der Auswahlüberlegungen nicht in der Lage ist, die ihn treffende Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast zu erfüllen.
4. Kommt der Arbeitgeber trotz Aufforderung durch den Arbeitnehmer dieser Mitteilungspflicht nicht nach, so ist der Vortrag des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung in analoger Anwendung der zu § 1 Abs. 3 KSchG von der Rechtsprechung des BAG entwickelten abgestuften Darlegungs- und Beweislast gem. § 138 Abs. 2 ZPO als unstreitig anzusehen.
Normenkette
GG Art. 33 II; ZPO §§ 938, 940
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Entscheidung vom 03.04.1996; Aktenzeichen 4 Ga 14/96) |
Tenor
Es ergeht folgendes
Urteil:
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 03.04.1996 – 4 Ga 14/96 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen, wobei der Tenor des angegriffenen Urteils zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt wird:
Dem Beklagten wird untersagt, die Stelle eines (einer) stellvertretenden Schuleiters (Schulleiterin) an der Staatlichen Grundschule … E. W. B. S. mit der Bewerberin J. O. oder einem sonstigen Bewerber bzw. einer sonstigen Bewerberin vor rechtskräftigem Abschluß des Hauptsacheverfahrens Arbeitsgericht Erfurt, 4 Ca 406/95, endgültig zu besetzen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Verfahren der einstweiligen Verfügung im Rahmen einer sog. Konkurrentenklage um die vorläufige Untersagung der Besetzung einer Stelle als stellvertretender Schulleiter durch den Verfügungsbeklagten (künftig: Beklagten).
Die 1962 geborene Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin), die eine Ausbildung als Lehrerin für untere Klassen hat, war vor der Wende vom 01.11.1982 bis 31.07.1989 als Erzieherin und ist seit 01.08.1989 als Lehrerin an einer Grundschule tätig.
Seit 01.08.1991 nahm sie kommissarisch die Aufgabe des ständigen Vertreters des Schulleiters der Staatlichen Grundschule Erfurt, W. B. S. (künftig Grundschule … wahr, zunächst bis 31.07.1993 im Auftrag des Schulleiters, ab 01.08.1993 im Auftrag des Staatlichen Schulamtes. Der Auftrag war ausweislich der Verfügung der Schulamtsleiterin vom 12.04.1994 befristet bis zur endgültigen Bestellung nach Ausschreibung durch das Thüringer Kultusministerium.
Im Gemeinsamen Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 29.04.1994 war neben 307 anderen Stellen als stellvertretender Schulleiter an Grundschulen im Land Thüringen auch diese Position an der Grundschule 15 ausgeschrieben.
Für die Vergabe der ausgeschriebenen Funktionsstelle wurde ein Fachschulabschluß an einem Institut für Lehrerbildung oder das Zweite Staatsexamen für das Lehramt an Grundschulen vorausgesetzt.
Es wurde darauf hingewiesen, daß Lehrkräfte, die zum ständigen Vertreter einer Schule (sic!) ernannt seien, neben der zustehenden Vergütung (hier: IV a BAT) eine Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen ihrer Vergütungsgruppe und der unter „Zulage zur Vergütungsgruppe” in den Richtlinien der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder genannten Vergütungsgruppe erhalten sollten.
Im Gemeinsamen Amtsblatt 9/94 sind die Richtlinien über die Besetzung von Funktionsstellen an staatlichen Schulen vom 12.07.1994 veröffentlicht.
Nach dem Vorspruch soll mit dem Ausschreibungs- und Auswahlverfahren erreicht werden, daß freie Stellen mit Bewerbern besetzt werden, die nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung den Anforderungen, die an die jeweilige Funktion gestellt werden, gerecht werden.
Unter Ziff. 2 der Richtlinien wird das Auswahlverfahren geregelt. Danach ist vom Thüringer Landesverwaltungsamt in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt, aus dessen Bereich der Bewerber kommt, für jeden Bewerber ein Gutachten über dessen Eignung für die angestrebte Funktionsstelle anzufertigen. Die Eignung für die Funktionsstelle soll seitens des zuständigen Schulamts durch ein Gespräch über pädagogische Konzepte und auf die angestrebte Funktion bezogene schulrechtliche und schulorganisatorische Fragen überprüft werden.
Unter Zi...