Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ohne Gesamtvollstreckungsverwalter
Leitsatz (amtlich)
1. Der Insolvenzverwalter verzichtet auf sein Recht zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht dadurch, dass er nach Eröffnung des Verfahrens zunächst die weitere Erfüllung des Arbeitsverhältnisses beansprucht.
2. § 9 Abs. 2 GesO stellt – im Vorgriff auf § 113 Abs. 1 InsO – eine Sonderregelung für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Verhältnis zu § 9 Abs. 1 GesO dar und erfasst alle im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bzw. des Ausspruchs der Kündigung begründeten Arbeitsverhältnisse.
Ob diese Arbeitsverhältnisse bereits angetreten oder in Vollzug gesetzt sind, ist ohne Belang.
3. Der Insolvenzverwalter kann nach § 9 Abs. 2 GesO bzw. § 113 Abs. 1 InsO auch befristete Arbeitsverhältnisse, bei denen keine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung vereinbart ist, mit der gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist kündigen.
4. Eine analoge Anwendung der Schadensersatzregelung von § 22 Abs. 2 KO bzw. § 113 Abs. 1 S. 3 InsO ist bei Kündigungen nach § 9 Abs. 2 GesO ausgeschlossen.
Normenkette
GesO § 9 II; InsO § 113
Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Urteil vom 03.07.1998; Aktenzeichen 11/2 Ca 3389/97) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 03.07.1998 – 11/2 Ca 3389/97 – insoweit teilweise abgeändert, als festgestellt worden ist, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch das Schreiben des ehemaligen Gesamtvollstreckungsverwalters vom 17.07.1997, noch durch die Kündigung vom 18.07.1997 beendet worden ist, und als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger mehr als DM 26.000,00 brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 01.09.1997 zu zahlen, sowie als der Beklagte verurteilt worden ist, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
2. Soweit das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert wird, wird die Klage abgewiesen und die Kostenentscheidung neu gefasst.
3. Von den erstinstanzlichen Kosten tragen – ausgehend von einem Streitwert von DM 196.500,00 – der Kläger 87 % und der Beklagte 13 %; von den zweitinstanzlichen Kosten tragen für die Zeit bis zur Berufungsverhandlung – ausgehend von einem Streitwert von DM 202.000,00 – der Kläger 85 % und der Beklagte 15 %, für die Zeit ab der Berufungsverhandlung trägt – ausgehend von einem Streitwert von DM 171.000,00 – der Kläger die Kosten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Vergütung bzw. von Schadensersatz.
Mit Vertrag vom 30.05.1997 wurde der Kläger als Cheftrainer des beklagten Fußballvereins, der mit der 1. Mannschaft der Regionalliga angehört, eingestellt, und zwar befristet für die Zeit vom 01.07.1997 bis 30.06.1999.
Als Vergütung war eine monatliche Zahlung von DM 13.000,00 brutto, zuzüglich ein Weihnachtsgeld von DM 6.500,00 brutto und ein Urlaubsgeld von DM 6.500,00 brutto sowie Zahlung von Prämien nach einer Prämienordnung vereinbart. Darüber hinaus wurde dem Kläger kostenlos ein Pkw, Marke BMW 328, sowie eine 2- bis 3-Zimmer-Wohnung incl. Mobiliar zur Verfügung gestellt. Für die Meisterschaft sollte eine einmalige Vergütung von DM 10.000,00 brutto und für den Aufstieg in die 2. Bundesliga eine einmalige Vergütung von DM 70.000,00 brutto erhalten. Für Werbung auf Sport- und Ausgehkleidung im Interesse von zwei Privatsponsoren sollte der Kläger DM 60.000,00 pro Jahr erhalten; dieser Betrag sollte bis zum 01.08.1997 fällig sein.
Nachdem am 20.05.1997 von einem Dritten Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen des Beklagten gestellt und mit Wirkung vom 09.06.1997 die Sequestration angeordnet worden war, wurde mit Wirkung vom 16.09.1997 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet und Rechtsanwalt W. als Gesamtvollstreckungsverwalter ernannt.
Mit Wirkung vom 26.03.1998 wurde das Verfahren eingestellt.
Da zunächst Unsicherheit über den Einsatz der vom Kläger zu betreuenden Mannschaft in der Saison 97/98 und über den Fortbestand bzw. über eine ggf. vorzunehmende Änderung des Inhalts der Verträge von Spielern und Trainern bestand, andererseits aber die Mannschaft auf die Teilnahme an den Spielen der Regionalliga in der bevorstehenden Saison vorbereitet werden sollte, führte der Kläger mit Zustimmung des Gesamtvollstreckungsverwalters in der Zeit vom 20.06 bis 11.07. – so die Darstellung des Beklagten – bzw. in der Zeit vom 04. bis 11.07.1997 – so die Darstellung des Klägers – ein auswärtiges Trainingslager durch und erhielt für diese Tätigkeit – wie auch für andere Tätigkeiten ab 23.06.1997 – DM 10.000,00 auf die Hand ausgezahlt.
Da in mehreren Unterredungen keine Einigung über eine Modifizierung der Vertragsbedingungen, insbesondere die Verkürzung der Vertragslaufzeit und die Herabsetzung der vereinbarten Vergütung, erzielt werden konnte, teilte der Gesamtvollstreckungsverwalter dem Kläger mit Schreiben vom 17.07.1997 mit, dass er die Erfüllung des Trainervertrages gem. § 9 GesO ablehne;...