Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungsanspruch. Rahmensozialplan durch Dienstvereinbarung. Tarifvorrang
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Zulässigkeit eines Rahmensozialplanes im Wege der Dienstvereinbarung.
2. Im Anwendungsbereich des Tarifvertrages Soziale Absicherung treten Dienstvereinbarungen zurück.
3. „Anderer Arbeitgeber” im Sinne des § 4 Abs. 5 Buchstabe b) TVsA.
Normenkette
ThürPersVG § 72 Abs. 4 Nr. 7, § 74 Abs. 2; TVsA § 4 Abs. 5b
Verfahrensgang
ArbG Gera (Aktenzeichen 4 Ca 1901/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gera abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Abfindung für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, mit welchem sie ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet.
Die Klägerin, Jahrgang 1963, war seit Sommer 1991 in der Gebäudeverwaltung der Beklagten tätig, die in der Form eines Eigenbetriebes – Z. – geführt wurde. Als Ingenieurin war sie als Projektleiterin tätig und verdiente zuletzt EUR 3.786,78 EUR. Auf den Vertrag fanden die Bestimmungen des BAT-Ost und in der Folge des TVöD Anwendung.
Ihre Forderung begründet die Klägerin aus einer kollektivrechtlichen Vereinbarung.
Am 9. April 2008 schlossen der Personalrat der beklagten Stadt und der Oberbürgermeister eine Dienstvereinbarung, welche der Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen dienen soll. Entsprechend ihrer Präambel erklären die Parteien, einen frühzeitigen Personalabbau bei gleichzeitigem dauerhaftem Erhalt der Arbeitsplätze fördern zu wollen. Ein solcher Veränderungsprozess solle sich bis 2012 aufgabenorientiert vollziehen. Die Dienstvereinbarung stecke den Rahmen für einzelvertragliche Maßnahmen. Der hier maßgebliche Abschnitt lautet:
„7. Abfindung. Bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Auflösungsvertrag aus betriebsbedingten Gründen wird eine Abfindung gezahlt. Die Höhe der Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit grundsätzlich 35 v. H. des letzten Monatsentgelts (zuzüglich kindbezogener Zulage), mindestens aber die Hälfte dieses Entgelts. Bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren beträgt die Abfindung das 7fache des letzten Monatsentgelts zuzüglich der kindbezogenen Zulage. – Das Vorliegen der betriebsbedingten Gründe wird im Einzelfall geprüft.”
Zuvor hatten am 24.11.2005 rückwirkend zum 13.09.2005 mit einer Geltung bis zum 31.12.2009 die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die BRD und die kommunalen Arbeitgeber einen Tarifvertrag zur sozialen Absicherung (TVsA) geschlossen. Dessen § 4 lautet:
„(1) Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, erhalten eine Abfindung.
(2) Die Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit (§ 34 Abs. 3 Satz 1 und 2 TVöD) ein Viertel des letzten Tabellenentgelts, mindestens aber die Hälfte und höchstens das Fünffache dieses Entgelts. Abweichend von Satz 1 kann, wenn das Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag beendet wird, die Abfindung auf bis zum Siebenfachen des in Satz 1 genannten Tarifentgelts festgelegt werden.
(3) Der Anspruch entsteht am Tag nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Hat der Arbeitgeber gekündigt, wird die Abfindung fällig, sobald endgültig feststeht, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist (z.B. bei Verzicht auf Klage gegen die Kündigung oder bei Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung).
(4) Abfindungen nach tariflichen Vorschriften und nach Sozialplänen sowie Abfindungen, die im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens vergleichsweise vereinbart oder nach Auflösungsantrag durch Urteil zugesprochen werden, sind auf die Abfindung nach diesem Tarifvertrag anzurechnen.
(5) Eine Abfindung steht nicht zu, wenn
- die Kündigung aus einem von der/dem Beschäftigten zu vertretenden Grund (z. B. Ablehnung eines anderen angebotenen Arbeitsplatzes, es sei denn, dass ihr/ihm die Annahme nach ihren/seinen Kenntnissen und Fähigkeiten billigerweise nicht zugemutet werden kann) erfolgt ist, oder
- die/der Beschäftigte im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber ausgeschieden ist, weil sie/er von einem anderen Arbeitgeber im Geltungsbereich des TVöD oder des BAT-O /BAT-Ostdeutsche Sparkassen/BAT übernommen wird.
(6) Tritt die/der Beschäftigte in ein Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber im Geltungsbereich des TVöD/BAT-Ostdeutsche Sparkassen ein und ist die Zahl der zwischen der Beendigung des alten und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses liegenden Kalendermonate geringer als die der Abfindung zugrunde liegende Anzahl von Bruchteilen des Tabellenentgelts (Absatz 2), verringert sich die Abfindung entsprechend. Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen.
(7) Absatz 6 gilt entsprechend, wenn innerhalb des gleichen Zeitraums ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht.”
Die Parteien wie auch Vertreter der Gew...