Verfahrensgang
ArbG Erfurt (Aktenzeichen 7 Ca 12/94) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Erfurt wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten, das Arbeitsverhältnis nach §§ 9, 10 KSchG aufzulösen, wird zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer ordentlichen Kündigung wegen Tätigkeit des Klägers für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR und wegen unwahrer Angaben im Personalfragebogen.
Die Klägerin war bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger als medizinisch-technische Laborassistentin an dem ehemaligen Bezirksinstitut für Blutspende und Transfusionswesen in E. beschäftigt. In dieser Eigenschaft hatte sie Einsicht in Patientendaten und Untersuchungsergebnisse.
Im Jahre 1987 gab die Klägerin eine Schweigepflichterklärung gegenüber dem MfS ab, worin sie sich verpflichtete, über die IM-Tätigkeit ihres Ehemannes Stillschweigen zu bewahren.
Mit Datum vom 26.10.1991 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten in einem Fragebogen, daß sie weder für das MfS gearbeitet habe, noch von diesem angesprochen worden sei.
In dem Protokoll über ein mit der Klägerin geführtes Personalgespräch am 18.12.1992 (Bl. 141 d.A.) ist ausgeführt, daß die Klägerin eingeräumt habe, 1988 oder Anfang 1989 von einem MfS-Mitarbeiter mit Vornamen S. angesprochen worden zu sein und diesem später die geforderten Unterlagen, 3–4 handschriftlich geschriebene Berichte übergeben habe.
In einer für den Beklagten bestimmten schriftlichen Stellungnahme der Klägerin vom 22.12.1992 (Bl. 143 ff d.A.) führte die Klägerin aus, daß an einem Tag im Zeitraum 1988/1989 der MfS-Mitarbeiter S. K. welchem gegenüber sie bereits die, die IM-Tätigkeit ihres Ehemannes betreffende Schweigepflichterklärung habe unterschreiben müssen, sie gebeten habe, ihre persönliche Meinung zu einigen Kollegen des Instituts zu äußern. Dahinter habe aber nicht der Auftrag des Ausspionierens gestanden. 14 Tage später habe Herr K. dann diese paar Blatt Papier wieder bei ihr zu Hause abgeholt, darunter habe ihr voller Vor- und Nachname gestanden. Eine weitere Kontaktaufnahme des MfS zu ihr habe es nicht gegeben.
In der vom Beklagten eingeholten Gauck-Auskunft vom 29.8.1993 (Bl. 29 ff d.A.) ist angegeben, daß die Klägerin laut Treffberichten des Führungsoffiziers K. vom 8.9.1987 und vom 11.9.1987 von ihrem Ehemann, dem IMS „W. H.” zu einer ihrem Arbeitsbereich zugehörigen Person abgeschöpft wurde. Weiter ist angegeben, daß der IMS „W. H.” dem Führungsoffizier K. am 23.1.1989 4 handschriftliche Aufzeichnungen ohne Unterschrift übergeben hat, die nach Auffassung der Gauck-Behörde mit großer Wahrscheinlichkeit von der Klägerin stammen. Die Gauck-Auskunft schließt mit der Bemerkung, daß Erkenntnisse über eine konspirative Tätigkeit der Klägerin aus den MfS-Unterlagen nicht ersichtlich seien. In Ergänzung dieser Auskunft übersandte die Gauck-Behörde am 1.10.1993 die vorbezeichneten handschriftlichen Aufzeichnungen. Diese 4 nicht unterzeichneten handschriftlichen Aufzeichnungen enthalten personenbezogene Informationen über derzeitige bzw. ehemalige Arbeitskollegen und Kolleginnen der Klägerin. Der eine Familie S. betreffenden Bericht enthält detaillierte Angaben über den Status dieser in die BRD übergesiedelten Familie und die zu ihr bestehenden Kontakte eines Frl. P. bzw. die Kontaktanbahnungsversuche des Herrn S. zur Kollegin P. der Klägerin. Der den ehemaliegn Chef Dr. U. betreffende Bericht enthält eine negative Bewertung seiner Fähigkeiten als Leiter (vgl. Bl. 34 = 106, 35 = 107 d.A.). Die Klägerin hat im Lauf des Kündigungsschutzprozesses eingeräumt, daß diese Berichte von ihr stammen.
In einem Protokoll über ein weiteres mit der Klägerin geführtes Personalgespräch am 14.10.1993 (Bl. 146 d.A.) ist ausgeführt, daß die Klägerin erklärt habe, ihre Ausführungen in der Anhörung vom 18.12.1992 und in ihrer Stellungnahme vom 22.12.1992 würden der Wahrheit entsprechen und daß sie 4 handgeschriebene Personenberichte mit ihrer Unterschrift versehen und dem Führungsoffizier ihres Mannes in ihrer Wohnung persönlich übergeben habe.
Mit Schreiben vom 7.12.1993 (Bl. 24 d.A.), welches dem Hauptpersonalrat des Thüringer Sozialministeriums am 8.12.1993 übergeben wurde, beantragte der Beklagte die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin. In dem Anhörungsschreiben, auf dessen vollständigen Inhalt Bezug genommen wird, wurde dem Hauptpersonalrat u. a. mitgeteilt, daß die Klägerin dem MfS nachweislich handschriftlich verfasste Informationen über Mitarbeiter des Instituts für Transfusionsmedizin freiwillig übergeben habe. Mit Beschluß vom 8.12.1993 stimmte der Hauptpersonalrat der außerordentlichen Kündigung zu.
Mit Schreiben vom 13.12.1993, der Klägerin zugegangen am 16.12.1993, kündigte der Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 31.12....