Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Vergütung von aufgrund der Regelung des 6c Abs. 2 SGB II in die Dienste kommunaler Gebeitskörperschaften überführter Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des § 6 c Abs. 3 SGB II bei Übernahme eines Arbeitnehmers, dessen Arbeitsvertrag auf die Tarifverträge der BA Bezug nimmt.

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein Arbeitnehmer der Agentur für Arbeit und der Einrichtung der Jobcenter in die Dienste kommunaler Gebietskörperschaften überführt, so sind für die Entlohnung weiterhin die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Bundesagentur für Arbeit maßgeblich. Denn der Eingriff des Gesetzgebers über § 6c SGB II erfasst eine Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf den insoweit maßgeblichen Tarifvertrag nicht.

 

Normenkette

SGB II § 6c; SGB II § 6c Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Suhl (Entscheidung vom 22.09.2015; Aktenzeichen 4 Ca 538/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.12.2019; Aktenzeichen 4 AZR 17/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Suhl vom 22.9.2015 - 4 Ca 538/15 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.500,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.155,91 EUR seit dem 1.1.2015 und aus weiteren 1.344,92 EUR seit dem 7.9.2015 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen, die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 7/10, die Beklagte 3/10 zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten - nach Rücknahme des Feststellungsantrages in zweiter Instanz - um die Zahlung eines Spitzbetrages, der sich ergibt, wenn der Entlohnung nach gesetzlich angeordnetem Übergang des Arbeitsverhältnisses weiter die im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifbestimmungen der Bundesagentur für Arbeit zu Grunde zu legen sind.

Die Klägerin, Jahrgang 1973, wurde mit Arbeitsvertrag vom 7.2.2005 bei der Bundesagentur für Arbeit in Suhl beschäftigt. § 2 S.1 enthält eine Bezugnahmeregelung.

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts (MTA-O) - vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweiligen Fassung.

Im Jahre 2006 ersetzen die damaligen Vertragspartner die Vereinbarung durch eine Bezugnahme auf den TV-BA (Blatt 52 GA).

Mit Schreiben vom 13.12.2011 teilte die Bundesagentur der Beklagten und anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ... mit, dass das Arbeitsverhältnis auf den Beklagten übergehen werde. Insofern regelt das SGB II:

§ 6 Abs. 1 S. 1:

Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

... (neben der Bundesagentur)

Nr. 2 die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, das Arbeitslosengeld 2 und das Sozialgeld etc.

Zum 1.1.2012 übernahm der .... als zugelassener Träger im Sinne des § 6a SGB II die Einrichtung. Im Hinblick auf das Personal findet sich in § 6 c SGB II folgende Regelung:

Abs. 1:

Die Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die am Tag vor der Zulassung eines weiteren kommunalen Trägers ... und mindestens seit 24 Monaten Aufgaben der Bundesagentur Aufgaben als Träger .... in dem Gebiet des kommunalen Trägers wahrgenommen haben, treten zum Zeitpunkt der Neuzulassung kraft Gesetzes in den Dienst des kommunalen Trägers über.

Abs. 3:

... Treten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund des Absatzes 1 oder 2 kraft Gesetzes in den Dienst eines anderen Trägers über, tritt der neue Träger unbeschadet des Satzes 3 in die Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein, die im Zeitpunkt des Übertritts bestehen. Vom Zeitpunkt des Übertritts an sind die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des neuen Trägers jeweils geltenden Tarifverträge ausschließlich anzuwenden.

Der Beklagte legte der Klägerin den Entwurf eines Arbeitsvertrages vor, welcher die Vergütung der bislang nach Gruppe III Stufe 5 TV-BA entlohnten Klägerin die Entgeltgruppe 10 nach TVöD bot. Die Klägerin verweigerte die Unterschrift. Ab Juli 2012 vergütete der Beklagte die Klägerin nach EG 11 Stufe 4. Mit Auflösungsvertrag vom 9.2.2016 haben die Parteien das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 14.2.2016 beendet.

Die Klägerin hat die Rechtsansicht vertreten, die gesetzliche Bestimmung des § 6 c Abs. 3 SGB II greife in die grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit ein. Vorrang habe die vereinbarte Bezugnahme auf den Tarifvertrag der BA, welcher auch den Beklagten binde. Die Klägerin errechnet sich eine Zahlungsdifferenz für die Monate Juli 2014 bis August 2015 in Höhe von 2.599,91 EUR.

Vorsorglich hat die Klägerin die Ansicht vertreten, der Beklagte habe ihr auf der Grundlage des § 6 c Abs. 5 eine Tätigkeit der Entgeltstufe 12 Stufe 4 übertragen müssen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1.1.2012 weiterhin der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) Anwendung findet und die Klägerin wei...

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