Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung Orchestermusiker
Leitsatz (amtlich)
1. Zur außerordentlichen, betriebsbedingten Kündigung eines Orchestermusikers
2. Zur Sozialauswahl
3. Anhörung des Orchestervorstands ist nicht geboten
4. Zur Anzeige nach § 17 KSchG
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Eisenach (Urteil vom 06.11.2008; Aktenzeichen 5 Ca 961/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach vom 6. November 2008 – 5 Ca 961/07 – wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten zu 1) ausgesprochenen, mit betrieblichen Gründen erklärten Kündigung.
Die Beklagte zu 1) war Träger des Theaters E. bis zum 31.12.2008. Das Theater ist im Wege der Zustiftung auf die Beklagte zu 2) übergegangen, die Beklagte zu 1) befindet sich in Liquidation.
Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1991 bei der Beklagten zu 1) als Musiker tätig. Der Vertrag vom 16.10.1990 bezeichnet ihn als Hornisten, der Vertrag vom 1.7.1991 verpflichtet ihn zum Spielen des Instruments Waldhorn. Der Kläger, Jahrgang 1958, ist verheiratet und hat drei Kinder, denen gegenüber er unterhaltspflichtig ist.
Mit Schreiben vom 3.7.2007 sprach die Beklagte zu 1) die außerordentliche Kündigung zum 31.7.2008 aus. Mit seiner am 24.7.2007 bei Gericht eingegangen Klage setzt sich der Kläger gegen diese mit betrieblichen Gründen erklärte Kündigung zur Wehr.
Bezüglich der Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts sowie der gewechselten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Eisenach vom 6.11.2008 (Band V Blatt 852 ff.) verwiesen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Das Arbeitsgericht hat die Klage mit den aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Gründen abgewiesen (Blatt 857 ff.). Das Arbeitsgericht ist vom Beschluss der Träger ausgegangen, das Orchester zu verkleinern. Das hierzu vorgetragene Konzept, ein Rumpforchester aus Streichern, Holzbläsern und einem Paukisten beizubehalten sowie bei Bedarf weitere Musiker nebst Instrumenten hinzu zu engagieren, sei in sich geschlossen und nicht willkürlich. Die in Art. 5 GG geschützte Kunstfreiheit stehe dem Orchesterträger zur Seite, zumal im Zeitpunkt der Entscheidung, wie das Orchester strukturiert werden solle, über das künftige Repertoire noch nicht entschieden worden sei. Die vom Arbeitgeber vorgenommene Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden, da aus §§ 6, 26 TVK hervorgehe, dass ein Vergleich nur unter Musikern desselben Instruments getroffen werden könne. Zudem seien die Rechte der Beteiligungsorgane gewahrt. Weder § 613 a BGB noch § 17 KSchG stehe der Wirksamkeit der Kündigung im Wege. Angesichts des Dauertatbestandes der Umstrukturierung sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ebenfalls gewahrt.
Gegen diese dem Bevollmächtigten des Klägers am 5.12.2008 zugestellte Entscheidung hat dieser mit am 2. Januar 2009 bei dem Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt – und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist auf den 5. März 2009 – mit einem an diesem Tag bei dem Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Gleichzeitig wurde die Klage auf die Beklagte zu 2) erweitert, welche seit dem 1. Januar 2009 im Wege der Zustiftung das Vermögen und die Betriebsteile des Theaters E. übernommen hat.
Der Kläger vermag in dem Urteil des Arbeitsgerichts seine Argumentation nicht wiederzuerkennen und meint deshalb, ihm sei das rechtliche Gehör versagt geblieben. Ein Kammerorchester ohne Horn (bzw. Waldhorn) sei willkürlich besetzt. Zudem habe das Arbeitsgericht verkannt, dass mit dem Beschluss einer Reduzierung der Orchesterbesetzung der Fall gegeben sei, das unternehmerische Entscheidung und Kündigung ineinander fielen, mit der Konsequenz, dass die Rationalität der Entscheidung in vollem Umfang zu überprüfen sei. Zudem habe die Beklagte zu 1) in der Folge das vorgegebene Konzept weder im Programm umgesetzt, noch habe sie die angeblich wichtige Holzbläsergruppe zusammengehalten. Eine Abwägung der gegenläufigen Interessen sei durch das Arbeitsgericht nicht vorgenommen. So hätten die Zuwendungen bis Ende 2008 gereicht. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt, weil das Konzept des Arbeitgebers schon im Mai 2007 festgestanden habe. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß gehört, weil die dem Vertretungsorgan gesetzte Frist im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Zudem habe der Orchestervorstand im Hinblick auf die Kündigung gehört werden müssen. Die Kündigung verstoße gegen § 613 a Abs. 4 BGB, weil sie der direkten Vorbereitung der Zusammenlegung der Beklagten zu 1) mit der Beklagten zu 2) diene. Weiter sieht der Kläger die Kriterien, welche an eine ordnungsgemäße Sozialauswahl zu stellen sind, nicht bedacht. Schließlich sei § 17 KSchG nicht beachtet worden.
Der Kl...