Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Vergütungsanspruch im sozialgerichtlichen Verfahren. Bestimmung der Verfahrens- und der Terminsgebühr. Voraussetzung der Zuerkennung der Höchstgebühr
Orientierungssatz
1. Die Festsetzung der Höchstgebühr innerhalb der Betragsrahmengebühr kommt als Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts für eine Vertretung im sozialgerichtlichen Verfahren nicht schon dann in Betracht, wenn die Angelegenheit eine überdurchschnittliche Bedeutung für die Partei aufweist. Für die Festsetzung einer Höchstgebühr müssen vielmehr alle Umstände die Erhöhung rechtfertigen oder jedenfalls ein Umstand ausnahmsweise so erheblich sein, dass er alle weiteren Aspekte überwiegt.
2. Bei einem nur kurzen Termin zur mündlichen Verhandlung (hier: 10 Minuten) ist als angemessene Vergütung des Rechtsanwalts eine Gebühr unterhalb der Mittelgebühr angemessen (hier: 2/3 der Mittelgebühr).
3. Einzelfall zur Bestimmung der Höhe der Verfahrensgebühr für den Rechtsanwalt im sozialgerichtlichen Verfahren (hier: Mittelgebühr festgesetzt).
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 10. August 2017 (S 14 SF 50/16 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren S 14 R 1156/14 auf 745,77 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Meiningen anhängig gewesene Verfahren (Az.: S 14 R 1156/14) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerin.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 2014 hatte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (DRV Mitteldeutschland) den Antrag der 1964 geborenen Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 4. Juni 2014 Klage und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). Ihm wurde Akteneinsicht in die Verwaltungsakte gewährt. Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2014 begründete er die Klage. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2015 übersandte er den ausgefüllten Fragebogen zur Person sowie eine Schweigepflichtentbindungserklärung. Das SG zog einen Befundbericht des Dr. M. bei und holte ein Gutachten des Dr. K. vom 7. September 2015 ein. Zu der Anfrage des SG vom 15. September 2015, ob die Klägerin aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens die Klage zurücknehme, nahm der Beschwerdeführer nicht Stellung. In der mündlichen Verhandlung am 19. Januar 2016, die von 11:35 bis 11:45 Uhr dauerte, bewilligte das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Dieser nahm die Klage im Termin zurück.
Am 8. Februar 2016 beantragte der Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 2. Februar 2016 die Festsetzung folgender Vergütung:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG |
550,00 € |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
510,00 € |
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG |
44,40 € |
Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG |
25,00 € |
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Dokumentenpauschale Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG - 132 Seiten |
37,30 € |
Zwischensumme |
1.186,70 € |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
225,47 € |
Gesamtbetrag |
1.412,17 € |
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 29. Februar 2016 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die zu zahlende Vergütung aus der Staatskasse auf 1.043,27 € (Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 550,00 €, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 €, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €, Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG 37,30 €, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 44,40 €, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 €, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 166,57 €) fest. Die Terminsgebühr sei auf 200,00 € gekürzt worden. Die Verhandlungsdauer, der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigten nicht die Festsetzung der Mittelgebühr bzw. der Höchstgebühr.
Gegen die Vergütungsfestsetzung hat der Beschwerdeführer am 14. Dezember 2016 Erinnerung eingelegt. Die UdG habe die Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG im Ergebnis zu Recht in Höhe der Höchstgebühr festgesetzt. Die Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG sei ebenfalls in Höhe der Höchstgebühr festzusetzen. Allein die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin, deren einziges Einkommen die Rente wegen Erwerbsminderung wäre, rechtfertige die Festsetzung der Höchstgebühr. Der Beschwerdegegner hat am 9. Februar 2017 ebenfalls Erinnerung eingelegt und die Erstattung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe der Höchstgebühr beanstandet. Gründe, die eine Anhebung über die Mittelgebühr hinaus rechtfertigten seien vorliegend nicht gegeben. In der Gesamtschau des Verfahrens seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit allenfalls als durchschnittlich zu werten. Eine Auseinandersetzung mit den von Amts wegen eingeholten Befundberichten und dem Gutachten sei nicht erfolgt. D...