Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Auslagenvergütung. Fahrtkostenersatz. Voraussetzung: tatsächlich entstandene Auslagen. kein Ersatzanspruch bei unentgeltlicher Mitnahme in einem Kraftfahrzeug (hier: durch den Prozessbevollmächtigten des Betroffenen). Pflicht zur Erstattung von Fahrtkosten nach Nr 7003 RVG-VV

 

Orientierungssatz

1. Für einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 5 Abs 2 S 3 JVEG ist stets erforderlich, dass tatsächlich Auslagen entstanden sind. Ein Ersatzanspruch kommt dagegen nicht in Betracht, wenn der Betroffene (auch von seinem Prozessbevollmächtigten) unentgeltlich in einem Kraftfahrzeug mitgenommen wird.

2. Er hat auch keinen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung, wenn er seinem Prozessbevollmächtigten im Rahmen der Vergütung die Fahrtkosten nach Nr 7003 RVG-VV zu erstatten hat. Diese Verpflichtung hat keinen Bezug zu dem in § 5 JVEG geregelten Fahrtkostenersatz.

 

Tenor

Die Fahrtkostenentschädigung des Klägers im Verfahren L 3 R 929/18 für dessen Teilnahme am Erörterungstermin am 17. Mai 2019 wird für die Erinnerungsgegnerin als Zessionarin auf 0,00 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Erinnerungsgegnerin war im Verfahren L 3 R 929/18 die Prozessbevollmächtigte des Klägers. Der Kläger nahm aufgrund des angeordneten persönlichen Erscheinens am Erörterungstermin am 17. Mai 2019 teil. Unter dem 6. August 2019 beantragte er die Fahrtkostenerstattung für 220,00 km unter Angabe der Bankverbindung der Erinnerungsgegnerin. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte Fahrtkosten in Höhe von 54,00 Euro fest (108,00 km x 0,25 Euro) und wies diese unter dem 17. September 2019 auf das Konto der Erinnerungsgegnerin an. Unter dem 23. September 2019 beanstandete die Erinnerungsführerin gegenüber der UdG die Festsetzung. Dem Kläger seien keinerlei tatsächlichen Auslagen entstanden, die nach § 5 Abs. 2 Satz 3 1. HS des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zu erstatten seien. Auf Rückfrage der UdG übersandte die Erinnerungsführerin eine Abtretungserklärung vom 1. Oktober 2019 wonach der Kläger seinen Fahrtkostenanspruch an sie abgetreten hatte.

Mit Schreiben vom 11. November 2020 hat die Erinnerungsführerin richterliche Festsetzung beantragt. Ein Anspruch des Klägers sei weder nach § 5 Abs. 2 Satz 1 noch Satz 3 1. HS JVEG entstanden. Weder sei der Kläger mit einem eigenen Fahrzeug angereist, noch sei nachgewiesen, dass ihm als Mitfahrer tatsächliche Auslagen entstanden seien. Ein Erstattungsanspruch könne daher nicht durch Abtretung übergegangen sein.

Die Erinnerungsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 28. November 2019 ausgeführt, dass dem Kläger tatsächliche Kosten entstanden seien. Insoweit hat sie auf die beigefügte Rechnung verwiesen, wonach sie vom Kläger u.a. Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG für 220,00 km in Höhe von 66,00 Euro geltend machte. Hieraufhin hat die Erinnerungsführerin unter Verweis auf den Beschluss des Thüringer Landessozialgericht vom 24. September 2015 (L 6 SF 1100/15 E, juris) ausgeführt, dass ein Auslagennachweis nicht erbracht sei, da Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG insoweit keine Berücksichtigung finden könnten.

II.

Für den Antrag auf richterliche Festsetzung ist der Senat zuständig, nachdem der Berichterstatter das Verfahren nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG mit Beschluss vom 2. Februar 2021auf diesen übertragen hat.

Auf die nach § 4 Abs. 1 JVEG zulässige Erinnerung wird die der Erinnerungsgegnerin abgetretene Fahrtkostenentschädigung für die Teilnahme an dem Erörterungstermin vom 17. Mai 2019 auf 0,00 Euro festgesetzt.

Nach § 4 Abs. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Feststellung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (Satz 1). Nach § 191 1. HS SGG werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn insgesamt mehr als 30 Minuten auf die Heranziehung entfallen, anderenfalls beträgt die Entschädigung die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags (Satz 2).

Die beantragten Fahrtkosten sind der Erinnerungsgegnerin nicht zu erstatten. Sie kann keine Erstattung aufgrund abgetretenen Rechts geltend machen. Dem v...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?