Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr bei Verbindung zweier Verfahren in mündlicher Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Werden im Termin zwei Verfahren verbunden, erhält der Rechtsanwalt jeweils eine Terminsgebühr. Rückwirkung zeigt die Verbindung gebührenrechtlich nicht, denn bereits erworbene Vergütungsansprüche bleiben nach dem Grundgedanken des § 15 Abs 4 RVG bestehen (vgl BGH vom 14.4.2010 - IV ZB 6/09 = NJW 2010, 3377 und vom 20.1.1988 - VIII ZR 296/86 = NJW 1988, 1204).

2. Zur Höhe der Terminsgebühr bei im Kammertermin verbundenen Verfahren.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 6. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Altenburg streitig (Az.: S 31 AS 347/08).

Am 29. Mai 2008 legte der von dem Beschwerdegegner vertretene Kläger zwei Klagen gegen Bescheide der Beklagten, einer ARGE SGB II, ein. In der Sache ging es um die Höhe seiner Leistungen für den 1. bis 30. November (Az.: S 31 AS 346/08) bzw. 1. bis 31. Oktober 2007 (Az.: S 31 AS 347/08) hinsichtlich der Berücksichtigung der Anrechnung von Spesen und Fahrtkosten auf den bezogenen Lohn. Mit Beschlüssen vom 3. (Az.: S 31 AS 346/08) und 15. Mai 2008 (Az.: S 31 AS 347/08) bewilligte das Sozialgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) ab 28. Februar bzw. 3. März 2008 und ordnete den Beschwerdegegner bei. Mit Verfügung vom 11. Februar 2009 lud der Kammervorsitzende den Kläger in beiden Verfahren für den 20. April 2009 um 11:30 Uhr zur mündlichen Verhandlung. Nach der Niederschrift wurden die Verfahren um 12:05 Uhr aufgerufen und der Sachverhalt vorgetragen. Mit Beschluss verband der Vorsitzende die Verfahren; führend sei das Verfahren Az.: S 31 AS 346/08. Mit Urteil vom gleichen Tag wies die Kammer die Klage ab.

In seiner Kostenrechnung vom 23. April 2009 beantragte der Beschwerdegegner für die Verfahren Az.: S 31 AS 346/08 und S 31 AS 347/08 jeweils die Festsetzung von 464,10 Euro:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

170,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

Zwischensumme

390,00 Euro

Mehrwertsteuer

 74,10 Euro

Gesamtbetrag

464,10 Euro

Unter dem 11. Mai 2009 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die Zahlung von 464,10 Euro für das Verfahren Az.: S 31 AS 346/08 und unter dem 13. Mai 2009 die Zahlung von 226,10 Euro für das Verfahren Az. 33 AS 347/08 an. Die Kürzung für dieses Verfahren begründete sie damit, dass für das Verfahren Az.: S 31 AS 346/08 die Terminsgebühr mit der Mittelgebühr berücksichtigt worden sei. Normalerweise hätte für beide Verfahren aber nur jeweils die hälftige mittlere Gebühr angesetzt werden können. Deshalb entfalle hier der Ansatz der Terminsgebühr. Im Übrigen sei die Sitzungsniederschrift in beiden Verfahren gleich gewesen.

Auf die am 10. Juni 2009 eingegangene Erinnerung des Beschwerdegegners hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 6. Januar 2001 die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für das Verfahren Az.: S 31 AS 347/08 auf 345,10 Euro festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Nachdem es sich bei beiden verhandelten Sachen um dieselben zugrunde liegenden Rechtsfragen gehandelt habe, sei ein erheblicher Synergieeffekt eingetreten. Die Kammer hätte es als angemessen erachtet, dann die Terminsgebühr jeweils auf die Hälfte zu reduzieren. Der Umstand, dass im führenden Verfahren Az.: S 31 346/08 rechtskräftig die Mittelgebühr erstattet wurde, könne dem Beschwerdegegner nicht zum Nachteil gereichen. Insofern sei auch für das Verfahren Az.: S 31 AS 347/08 die halbe Mittelgebühr zu berücksichtigen.

Gegen den ihm am 12. Januar 2011 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 31. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und sinngemäß vorgetragen, mit der Verbindung habe sich das Verfahren Az.: S 31 AS 347/08 hinsichtlich der Entstehung von Terminsgebühren erledigt. Angesichts der Dauer des Termins wäre in beiden Verfahren jeweils die halbe Mittelgebühr angemessen gewesen. Wegen der Zahlung der Mittelgebühr für das Verfahren Az.: S 31 AS 346/08 sei eine Benachteiligung des Beschwerdegegners nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 6. Januar 2011 aufzuheben und die Vergütung auf 226,10 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 2. Februar 2011) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Der Senatsvorsitzende hat das Verfahren mit Beschluss vom 5. Juli 2011 wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen.

II.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebührenist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Sen...

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