Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzlicher Ausschluss des Anfalls der Terminsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes

 

Orientierungssatz

1. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes fällt die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG regelmäßig nicht an. Deren Anfall setzt u. a. ein Verfahren voraus, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Nach § 86b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht durch Beschluss. In der Regel endet das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne mündliche Verhandlung. Damit ist der Anfall der Terminsgebühr ausgeschlossen.

2. Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1005 VV RVG setzt voraus, dass sich der Rechtstreit durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt hat. Die hierzu erforderliche qualifizierte besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts liegt weder bei einer bloßen Rücknahme eines eingelegten Rechtsbehelfs noch bei einer vollständigen Abhilfe der Behörde ohne besondere anwaltliche Aktivität vor.

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 5. November 2015 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht (SG) Altenburg, in dem der Beschwerdeführer die Antragstellerinnen vertrat (Az.: S 36 AS 1526/14 ER). Im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrten die Antragstellerinnen die Auszahlung von weiteren 290,93 € für den Monat Mai 2014 und die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 23. April 2014. Mit diesem Bescheid hatte die Antragsgegnerin die mit Bescheid vom 3. Dezember 2013 erfolgte Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Wohnung in der … in J. bis einschließlich Juni 2014, ab dem 1. Mai 2014 aufgehoben. Mit Beschluss vom 18. Juni 2014 bewilligte das SG den Antragstellerinnen Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei. Unter dem 19. Juni 2014 erkannte die Antragsgegnerin in Abänderung des angefochtenen Bescheides vom 23. April 2014 an, das den Antragstellerinnen vorläufig die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der … in J. für die Monate Mai und Juni 2014 und über den 30. Juni 2014 hinaus vorläufig die Kosten der Unterkunft und Heizung im angemessenen Rahmen zu tragen sind. Sie trage die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens. Unter dem 23. Juni 2014 erklärte der Beschwerdeführer den Rechtsstreit für erledigt.

Unter dem 14. März 2014 beantragte er die Festsetzung folgender Vergütung:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV- RVG

250,00 €

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 €

Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 VV-RVG

190,00 €

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 €

Zwischensumme

660,00 €

Umsatzsteuer

125,40 €

Gesamtbetrag

785,40 €

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte am 8. Oktober 2014 die zu zahlende Vergütung auf 785,40 € fest. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein, eine Erledigungsgebühr nach Nrn. 1006, 1005 VV-RVG sei vorliegend nicht entstanden. Die Antragsgegnerin habe den Anspruch der Antragstellerinnen vollständig anerkannt. Eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung des Rechtsstreits sei vorliegend weder erkennbar, noch sei eine solche konkret vorgetragen. Eine fiktive Terminsgebühr sei nicht entstanden. Für das einstweilige Rechtsschutzverfahren sei keine mündliche Verhandlung vorgesehen. Der Beschwerdegegner erklärte, er berichtige seine geltend gemachte Verfahrensgebühr dahingehend, dass diese sich allein schon auf 464,10 € belaufe.

Das SG hat mit Beschluss vom 5. November 2015 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 410,55 € festgesetzt (Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG 250,00 €, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG 75,00 €, Post - und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 €, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 65,55 €). Die Voraussetzungen für den Ansatz einer fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl I, Seite 2586) in Kraft getreten zum 1. August 2013, lägen nicht vor. Das Thüringer Landessozialgericht habe bereits für die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung entschieden, dass diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter allen Aspekten der Auslegung nicht in Betracht komme (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2011 - Az.: L 6 SF 1502/11 B, nach juris). Auch eine Erledigungsgebühr sei mangels qualifizierter anwaltlicher Mitwirkung nicht entstanden. Der Beschwerdeführer habe jedoch nachträglich die Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV-RVG geltend machen können.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 26. November 2015 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, es gebe keine rechtl...

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