Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entscheidung des LSG über Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz nur bei instanzieller Zuständigkeit
Leitsatz (amtlich)
Das Landessozialgericht darf über Anträge im einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 29 SGG nur entscheiden, soweit es hierfür instanziell zuständig ist. Soweit das Landessozialgericht nach § 29 Abs 1 SGG nur zweitinstanzlich über Entscheidungen eines Sozialgerichts im einstweiligen Rechtsschutz zu entscheiden hat, ist das Landessozialgericht bei erstmals in der Beschwerde gestellten weiteren Anträgen nur instanziell zuständig, wenn die Anträge sich auf einen Verwaltungsakt beziehen, der gemäß §§ 86, 96 SGG Gegenstand der Hauptsache geworden ist, die dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren in der ersten Instanz zugrunde gelegen hat. Insbesondere kann sich die Zuständigkeit des Senats nicht auf weitere einstweilige Rechtsschutzbegehren erstrecken, die entsprechend § 153 Abs 1, § 99 SGG im Wege der Antragserweiterung Gegenstand der Beschwerde geworden sind. Denn selbst wenn eine Antragserweiterung prozessual zulässig ist, entbindet das nicht davon, auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen, zu denen auch die instanzielle Zuständigkeit nach § 29 SGG gehört (vgl BSG vom 31.7.2002 - B 4 RA 3/01 R, juris).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2011 wird zurückgewiesen und die weiteren Anträge werden abgelehnt. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu 1/4 zu erstatten.
Gründe
Die am 23. November 2011 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2011 mit dem verbliebenen sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 7. November 2011 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, darlehensweise die Maklercourtage in Höhe von 559,30 Euro für die Beschaffung der ab 1. September 2011 angemieteten Wohnung zu übernehmen, sowie
den weiteren erstmals in der Beschwerde gestellten sinngemäßen Anträgen,
die aufschiebende Wirkung der Klagen a) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2012 festzustellen, bzw. hilfsweise anzuordnen sowie b) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2011 und in der Fassung des Überprüfungsbescheids vom 2. Januar 2012 anzuordnen, soweit die Übernahme der Heizkosten und dezentralen Wasserversorgung ab 1. Januar 2012 entzogen ist, und aufgrund der vorbenannten Bescheide ab dem 1. Januar 2012 einbehaltene Leistungen auszuzahlen,
hat keinen Erfolg.
Bei verständiger Auslegung ist das Begehren des Antragstellers in der Beschwerde so zu verstehen, dass es sich zunächst gegen den Beschluss des SG wendet, soweit er eine einstweilige Anordnung zum anhängigen Klageverfahren mit dem Az.: S 22 AS 4905/11 wegen der darlehensweisen Übernahme der Maklerprovision abgelehnt hat, während die zunächst gleichzeitig begehrte darlehensweise Übernahme der Mietkaution in Höhe von 470 Euro nicht mehr gegenständlich erfasst ist, weil der Antragsgegner insoweit dem Begehren des Antragstellers mit Bescheid vom 3. Januar 2012 entsprochen hat.
Erstmalig in der Beschwerde begehrt der Antragsteller darüber hinaus einstweiligen Rechtsschutz, weil der Antragsgegner mit Bescheid vom 3. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Februar 2012 den Darlehensrückzahlungsanspruch ab dem 1. Februar 2012 gegen das laufend gewährte Arbeitslosengeld II in Höhe von 37,40 Euro monatlich aufrechnet, und mangels behaupteter Mitwirkung des Antragstellers die Übernahme der Kosten für Heizung und dezentrale Warmwasserbereitung ab dem 1. Januar 2012 entgegen dem Bewilligungsbescheid vom 25. Oktober 2010 für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis 30. April 2012 entzogen hat.
Der einstweilige Rechtsschutz richtet sich insoweit nach § 86b Abs. 1 SGG - Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung -, weil der Antragsteller in der Hauptsache allein durch Anfechtung der vorbenannten Bescheide sein Rechtsschutzziel erreichen kann. Würden Aufrechnungs- und Entziehungsbescheid aufgehoben, lebte der Bewilligungsbescheid vom 25. Oktober 2010 für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 30. April 2012 in voller Höhe wieder auf. Die Auszahlungsbefugnis für bereits einbehaltene Leistungen ergäbe sich aus § 86b Abs. 1 S. 2 SGG.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft, weil der Antragsteller sich zunächst mit der Beschwerde gegen den Beschluss des SG gewendet hat, soweit einstweiliger Rechtsschutz hinsichtlich Mietkaution und Maklerprovision abgelehnt ist. Die erforderliche Beschwer nach §§ 172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ist damit erreicht, weil Leistungen für mehr als 750 Euro ursprünglich erfasst gewesen sind. Soweit der Antragsteller später wegen der Übern...