Verfahrensgang
SG Altenburg (Beschluss vom 13.09.1999; Aktenzeichen S 14 KN 558/96) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird derBeschluss des Sozialgerichts Altenburg vom13. September 1999 aufgehoben. Dem Beschwerdeführer wird für das erstinstanzliche Verfahren rückwirkend Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Hans-Jörg Adamaschek bewilligt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
Nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im vorliegenden Rechtsstreit für das erstinstanzliche Verfahren erfüllt. Deshalb ist dem Beschwerdeführer dafür nachträglich Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die erstinstanzliche Entscheidung mit einem Verfahrensmangel behaftet ist. Nach der Niederschrift vom 13. September 1999 hat der Vorsitzende zum Schluss der mündlichen Verhandlung zunächst das Urteil in der Hauptsache und unmittelbar anschließend den Beschluss in dem PKH-Verfahren verkündet. Ausweislich des Rubrums des Urteils vom 13. September 1999 hat das Sozialgericht Altenburg die Entscheidung in der Hauptsache in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern getroffen. Dies entspricht der in § 12 Abs. 1 Satz 1 SGG vorgesehenen Kammerbesetzung.
Der angefochtene Beschluss über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe wurde demgegenüber ausweislich seines Rubrums allein von dem Vorsitzenden der 14. Kammer des Sozialgerichts Altenburg getroffen. Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergehen Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung. Allerdings kann, wenn vorher noch keine Entscheidung getroffen wurde, der PKH-Beschluss nach allgemeiner Auffassung auch in der mündlichen Verhandlung ergehen. So war es im vorliegenden Fall. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG die ehrenamtlichen Richter nicht mit. Aus dieser Vorschrift ist aber im Umkehrschluss zu folgern, dass bei einem Beschluss, der in einer mündlichen Verhandlung ergeht, die ehrenamtlichen Richter zwingend mitwirken müssen. Insofern hätten die am 13. September 1999 anwesenden ehrenamtlichen Richter auch an der PKH-Entscheidung mitwirken müssen. Das Gericht war insofern bei dem PKH-Beschluss nicht ordnungsgemäß besetzt.
Weitere Konsequenzen ergeben sich aus dieser fehlerhaften Besetzung aber nicht, weil der Verfahrensmangel mit der vorliegenden Entscheidung behoben wird.
Für das erstinstanzliche Verfahren ist die Prozesskostenhilfe ausnahmsweise rückwirkend zu gewähren. Die Auslegung des § 114 ZPO ergibt allerdings, dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur für die Zukunft bewilligt werden kann. Der Wortlaut des § 114 ZPO setzt nämlich voraus, dass „die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet”. Sowohl die Worte „beabsichtigte Rechtsverfolgung” als auch die Worte „Aussicht auf Erfolg” nehmen Bezug auf ein zukünftiges prozessuales Geschehen. Daraus ist zu folgern, dass die Prozesskostenhilfe eine zukünftige Prozessführung erst ermöglichen soll; aus dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich folglich nicht herleiten, dass auch eine bereits abgeschlossene Prozessführung über die Prozesskostenhilfe finanziert werden kann.
Auch die Gesetzessystematik lässt nur diese Auslegung zu. Nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO ist Folge einer bewilligten Prozesskostenhilfe, dass der Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet wird. Eine solche Beiordnung kann aber nur Sinn machen, wenn die Prozessführung noch in der Zukunft liegt. Ist das Hauptverfahren bereits erledigt, ist eine nachträgliche Beiordnung nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO nicht mehr möglich.
Auch über Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe besteht – soweit ersichtlich – Einigkeit, dass dadurch die Prozessführung erst ermöglicht werden, nicht aber ein bereits geführter Prozess nachträglich für die Partei oder ihren Anwalt wirtschaftlich abgesichert werden soll (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 20. Auflage, § 114, Rdnr. 13 und § 119 Rdnr. 43 ff.). Im Übrigen zeigt § 127 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ohne mündliche Verhandlung ergehen, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich eine schnelle Entscheidung erwartet, die regelmäßig noch vor der Entscheidung zur Hauptsache zu ergehen hat.
Wortlaut, Gesetzessystematik und Sinn und Zweck des § 114 ZPO lassen somit (grundsätzlich) nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Wirkung für die Zukunft zu. Dennoch sind zahlreiche Fallkonstellationen denkbar, bei denen sich das Hauptverfahren bereits durch eine gerichtliche Entscheidung oder auf so...