Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Gesundheitsschaden. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. arthroskopische und intraoperative Betrachtung. SL-Bandruptur. Vorschaden. Vollbeweis. Beweislast. Operationsbericht. Beweiswert. Grundsatz der freien Beweiswürdigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur bejahten Anerkennung einer SL-Bandruptur (hier: des rechten Handgelenkes) als Folge eines Arbeitsunfalls.

2. Sofern sich die Beklagte auf das Vorliegen eines Vorschadens/einer Schadensanlage beruft, muss dieser im Vollbeweis gesichert sein und die Beklagte trägt für sein Vorliegen die Beweislast.

3. Welcher Beweiswert einem Operationsbericht zukommt, hat das Gericht entsprechend dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung - erforderlichenfalls unter Heranziehung ärztlichen Sachverstandes - zu entscheiden.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 23. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Feststellung weiterer Folgen eines Arbeitsunfalls vom 24. Juli 2013.

Der 1967 geborene und bei der Beklagten als Bauhofmitarbeiter versicherte Kläger verletzte sich an diesem Tag beim Herausdrehen der Reste eines Wasserhahnes das rechte Handgelenk. Der am 25. Juli 2013 aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes und einen Gelenkerguss im Radiocarpalgelenk. Wegen anhaltender Beschwerden erfolgte am 17. Oktober 2013 eine kernspin- und computertomographische Untersuchung des rechten Handgelenkes. Es fanden sich Hinweise auf eine Ruptur des skapholunären Bandapparates. In der Zeit vom 28. bis 30. November 2013 schloss sich eine stationäre Behandlung des Klägers in der Klinik für Handchirurgie Bad N. an. Ausweislich des Operationsberichtes vom 28. November 2013 erfolgte eine Naht des skapholunären Bandes (im Folgenden: SL-Band) mit verstärkter Kapsulodese und einer Transfixierung mit Kirschnerdrähten. Das SL-Band wurde als komplett gerissen beschrieben. Der Hauptteil des Bandes sei am Ansatz zum Kahnbein abgeschert. Ein gut nahtfähiger Bandrest habe vorgelegen. Beigezogen wurden von der Beklagten Unterlagen über eine Behandlung des rechten Zeigefingers im April 2012.

Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. L. verneinte in einer Stellungnahme vom 21. Januar 2014 einen Zusammenhang zwischen der SL-Bandruptur und dem Unfallereignis. Dies habe nur zu einer harmlosen Zerrung des rechten Handgelenkes geführt.

Die Beklagte erkannte durch Bescheid vom 12. Februar 2014 einen Arbeitsunfall an. Als Unfallfolgen stellte sie eine Zerrung des rechten Handgelenks fest. Diese sei folgenlos ausgeheilt, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 26. Juli 2013 bestanden. Ein Anspruch auf Verletztengeld über diesen Tag hinaus bestehe nicht. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 26. Juli 2013 bestanden. Ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung über diesen Tag hinaus bestehe im Übrigen nicht. Keine Folge des Arbeitsunfalls sei die SL-Bandruptur rechts.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine fachradiologische Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. H. vom 7. September 2014 ein. Bildtechnisch sei eine Rissbildung des Bandes zwischen Kahn- und Mondbein nachweisbar. Inwieweit dies unfallbedingt sei, könne bildtechnisch nicht mit letzter Sicherheit entschieden werden. Darauf gestützt verneinte der Beratungsarzt Dr. L. in einer Stellungnahme vom 5. November 2014 erneut einen Unfallzusammenhang. Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2014 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat Prof. Dr. T. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat zur Kausalität des Unfallereignisses mit der SL-Bandruptur festgestellt (Sachverständigengutachten vom 12. September 2016), dass ein fehlender Vorschaden im Bereich des rechten Handgelenkes und die Hergangsschilderung für einen Unfallzusammenhang sprächen. Die bildgebenden Befunde hingegen seien nicht typisch für eine frische Verletzung der unzweifelhaft erkennbaren SL-Bandruptur. Nach dem Operationsbericht sei ein Unfallzusammenhang grundsätzlich möglich. Nach dem Unfallereignis seien durchgehend Beschwerden dokumentiert. Der ursächliche Zusammenhang mit der SL-Bandruptur sei daher nicht sicher, aber zumindest überwiegend wahrscheinlich. Dem widersprach der Beratungsarzt der Beklagten Dr. L. in einer Stellungnahme vom 9. November 2016. Der Sachverständige bejahe im Ergebnis nur die Möglichkeit eines Zusammenhanges.

Durch Urteil vom 23. Januar 2018 hat das Sozialgericht unter Abänderung des Bescheides vom 12. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2014 die SL-Bandruptur rechts, die Abscherung eines osteochondralen Fragments am rechten Kahnbein, die zystisc...

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