Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Wichtiger Grund. Besondere Härte. Aufhebungsvertrag. Kündigung. Dringende betriebliche Erfordernisse. Soziale Auswahl

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein wichtiger Grund des Arbeitnehmers für die Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn eine ihm drohende Kündigung durch den Arbeitgeber rechtmäßig wäre.

 

Normenkette

SGB III §§ 118-119, 128, 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2 Nr. 1; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

SG Altenburg (Urteil vom 09.05.2000; Aktenzeichen S 7 AL 1944/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Mai 2000 aufgehoben, soweit das Sozialgericht die Beklagte dazu verurteilt hat, der Klägerin vom 1. Oktober 1998 bis zum 11. November 1998 Arbeitslosengeld zu zahlen und insoweit den Sperrzeitbescheid vom 26. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 1999 aufgehoben hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ¾ der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit (und Zahlung von Arbeitslosengeld in diesem Zeitraum) und die Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs der Klägerin nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag.

Die 1943 geborene Klägerin war vom 8. Januar 1964 bis zum 30. September 1998 bei der T.…-AG (T.…) bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sie war ursprünglich als Ingenieurin für Transportoptimierung und Leiterin des Transportbüros tätig. Zuletzt arbeitete sie ab 1. August 1996 als Sachbearbeiterin im Innendienst/Debitorenbuchhaltung im Kundenzentrum in Schleiz. Diesbezüglich teilte die T.… der Klägerin mit einem als “Änderung ihres Arbeitsvertrages” bezeichneten Schreiben vom 16. Juli 1996 mit, dass ihr die Tätigkeit als Mitarbeiterin Innendienst übertragen werde. Ihre monatliche Tabellenvergütung in der Vergütungsgruppe 9, Stufe 3 werde beibehalten. Ende 1998 entfiel der von der Klägerin zuletzt besetzte Arbeitsplatz nach Angaben der T.… im Zuge von Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen. Für die Parteien galt der Manteltarifvertrag MTV Energie vom 28. März 1995, der bei einer Beschäftigungszeit von mindestens 12 Jahren eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende vorsah.

Unter dem 12. März 1998 schloss die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber eine als Aufhebungsvertrag bezeichnete und auf den 26. Februar 1998 datierte Vereinbarung. Diese sah die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der tariflichen Kündigungsfrist zum 30. September 1998 im gegenseitigen Einvernehmen aus “dringenden betriebsbedingten Gründen” vor. In dem Vertrag war weiter vereinbart, dass die Klägerin für den Verlust ihres Arbeitsplatzes Anspruch auf Leistungen “aus der betrieblichen Regelung vom 8. Februar 1994” haben sollte.

Die Klägerin meldete sich am 9. September 1998 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Sie fügte ihrem Antrag ein auf den 31. März 1998 datiertes Schreiben der T.… bei, wonach die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus dringenden betriebsbedingten Gründen vereinbart worden sei. Ohne eine solche Vereinbarung wäre zum gleichen Termin eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen, zu der der Betriebsrat gehört worden sei und der dieser nicht widersprochen habe, ausgesprochen worden. Ferner füllte die Klägerin unter dem 24. September 1998 einen Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aus. Danach erklärte sie, dass das Beschäftigungsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers beendet worden sei. Durch Rationalisierung und Umstrukturierungsmaßnahmen sei ihr Arbeitsplatz ersatzlos entfallen. Eine Sozialauswahl sei durchgeführt worden. Der Betriebsrat sei angehört worden. Er habe einer betriebsbedingten Kündigung nicht widersprochen. Im Unternehmen stehe kein freier Arbeitsplatz, der vergleichbar sei, zur Verfügung. Ihr Arbeitsverhältnis ende zeitgleich mit dem Wegfall ihres Arbeitsplatzes. Eine Weiterbeschäftigung in der T.… wäre auch nach einer Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme nicht möglich gewesen, da es keinen freien vergleichbaren Arbeitsplatz gebe. In der Erklärung führte die Klägerin schließlich aus, dass sie davon ausgegangen sei, dass die anderenfalls erfolgte arbeitgeberseitige Kündigung rechtmäßig gewesen wäre, zumal ihre Entlassung aus zwingenden betriebsbedingten Gründen erfolgt wäre und alle vergleichbaren Mitarbeiter entlassen worden seien.

Der Beklagten lag ein Schreiben der T.… vom November 1998 vor, in dem die Namen der Mitarbeiter aufgeführt worden sind, mit denen zeitgleich Aufhebungsverträge geschlossen wurden. Der Name der Klägerin befindet sich in der Spalte, die mit der Bemerkung versehen ist, dass es für diese Mitarbeiter nicht nötig gewesen sei, eine Sozialauswahl durchzuführen, weil es keine mit ihnen vergleichbaren Mitarbeiter im Unternehmen gebe.

Unter dem 15. Januar 199...

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