Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung der unfallbedingten MdE bei Schulterverletzung des Versicherten
Orientierungssatz
1. Im Regelfall sind die Folgen eines Arbeitsunfalls nach § 56 Abs. 1 SGB 7 erst dann zu entschädigen, wenn sie mit einer MdE von 20 % zu bewerten sind. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB 7 tritt eine Entschädigungspflicht auch dann ein, wenn aus zwei Versicherungsfällen jeweils eine MdE von wenigstens 10 % resultiert.
2. Bei einer Bewegungseinschränkung der Schulter vorwärts/seitwärts bis 120 Grad und freier Rotation kommt eine MdE von 10 % in Betracht. Ist die Bewegungsfähigkeit besser als 120 Grad, so ist bei Berücksichtigung einer bestehenden deutlichen Muskelschwäche am Deltamuskel und einer ausgeprägten Narbenbildung an der Schulter die unfallbedingte MdE mit 10 % zu bemessen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 21. Juli 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2003 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Verletztenrente für den Arbeitsunfall vom 16. Juni 1999 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v.H. ab dem 25. August 2007 zu zahlen. Im Übrigen werden die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin in beiden Rechtszügen die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Fortzahlung einer Rente wegen eines Arbeitsunfalles vom 16. Juni 1999 über den 31. August 2000 hinaus. Die 1966 geborene Klägerin erlitt am 16. Juni 1999 im Rahmen ihrer Tätigkeit als Erzieherin einen Arbeitsunfall, als sie in einer Kindertagesstätte von einer Stehleiter abrutschte und auf die linke Schulter fiel. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom gleichen Tage erlitt sie dabei eine Schulterluxation mit Absprengung des Tuberculum majus links. Deshalb befand sie sich bis zum 22. Juni 1999 in stationärer Behandlung im damaligen Kreiskrankenhaus I.. Im Auftrag der Beklagten erstellte der Chirurg Dr. C. am 16. November 2000 ein unfallchirurgisches Gutachten und stellte als Unfallfolgen eine traumatische Schulterluxation mit Abriss des großen Oberarmhöckers und Schädigung des Nervus axillaris fest. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er bis zum 31. August 2000 auf 20 v. H. und für die Zeit danach auf 10 v. H.
Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 5. März 2001 das Ereignis vom 16. Juni 1999 als Arbeitsunfall und als Folgen:
“Endgradige Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes links beim Auswärtsdrehen des angelegten Armes sowie beim Einwärtsdrehen des zur Horizontale abgehobenen Ames; geringe Verschmächtigung der Schulterklappen- und Armmuskulatur links; Minderung des Kalksalzgehaltes linkes Schultergelenk; reizlose, gut verschiebliche Operationsnarben am Oberarm sowie an der Außenseite des Oberarmkopfes; noch nachweisbare Veränderungen im Bereich des Nervus axillaris nach traumatischer Schulterluxation links mit Abriss der großen Oberarmhöckers.„ an.
Nicht als Folgen des Arbeitsunfalles wurde eine beginnende Schultereckgelenksarthrose links anerkannt. Die Beklagte bewilligte eine Verletztenrente für die Zeit vom 31. Juli 1999 bis 31. August 2000. Hiergegen legte die Klägerin am 23. März 2001 hinsichtlich der Höhe der MdE insbesondere über den 31. August 2000 hinaus Widerspruch ein. In der Zeit vom 14. bis 22. Februar 2002 befand sich die Klägerin im Marienstift A. in Behandlung. Dort wurde der Rotatorenmanschettenschaden operativ behandelt.
Im Auftrag der Beklagten erstattete der Chirurg Dr. R. am 15. April 2003 ein Erstes Rentengutachten. Darin bezifferte er die MdE ohne Berücksichtigung der Schädigung des Nervus axillaris mit 10 v. H. In einem neurologischen Zusatzgutachten vom 22. Mai 2003 stellte Dr. B. eine Schädigung des Nervus axillaris links fest. Die MdE bezifferte er deshalb mit 15 v. H. Dr. R. bezifferte zusammenfassend in einer Stellungnahme vom 4. Juni 2003 die gesamte MdE auf 20 v. H. Dieser Einschätzung widersprach der Beratungsarzt der Beklagten Dr. L. in einer Stellungnahme vom 11. August 2003. Entscheidend seien nicht die elektrophysiologischen Befunde sondern deren funktionelle Auswirkungen. Die unfallbedingte Gesamt-MdE betrage ab dem 1. September 2000 weniger als 20 v. H. Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2003 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 13. Oktober 2003 Klage erhoben. Das Sozialgericht Gotha hat den Chirurgen Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Er stellte ein Zurückgehen der Muskelminderung des linken Armes fest. Eine Schwächung der groben Kraft der linken Hand sei nicht nachvollziehbar. Aufgrund der weitgehend freien Beweglichkeit der linken Schulter liege eine messbare MdE nicht vor. Auch unter Berücksichtigung der Nervenschädigung könne die MdE lediglich mit 10 v. H. bewertet werden. Pathologische neuroph...