Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. Rentenstütztatbestand. MdE-Bestimmung. keine Gesamt-MdE. Betroffenheit desselben Organs. getrennte Beurteilung. linke Hand und linke Schulter
Orientierungssatz
Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 19.8.2003 - B 2 U 50/02 R = SGb 2003, 679) sind Gesundheitsschäden, die aus mehreren Arbeitsunfällen resultieren, getrennt zu beurteilen. Auch wenn durch mehrere Arbeitsunfälle dasselbe Organ bzw derselbe Körperteil betroffen und wenn für die Entschädigung dieser Unfälle derselbe Unfallversicherungsträger zuständig ist, kommt die Bildung einer Gesamt-MdE nicht in Betracht.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 6. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin aufgrund eines Arbeitsunfalles vom 12. Juli 2007 unter Berücksichtigung eines Stützrententatbestandes Verletztenrente über den 11. Juli 2010 aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalles beanspruchen kann.
Die 1966 geborene und als Erzieherin tätige Klägerin stürzte am 12. Juli 2007 beim Anbringen von Bildern in der Kindertagesstätte auf das linke Handgelenk. Diagnostiziert wurde eine distale Radiusfraktur links. Ausweislich eines Berichts der Handchirurgie Bad N. vom 8. Februar 2008 kam es zu einer Fehlverheilung, die erneut behandelt werden musste. In einem Ersten Rentengutachten vom 21. Oktober 2008 bezifferte der Handchirurg Dr. S. die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vom 7. April 2008 bis auf Dauer auf 10 v. H. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. C. stimmte dieser Einschätzung zu und sah als Unfallfolge eine Minderbelastbarkeit der linken Hand nach in Fehlstellung verheiltem Speichenbruch an. Die MdE sei nur bis zum 11. Juli 2010 auf 10 v. H. einzuschätzen. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2009 das Ereignis vom 12. Juli 2007 als Arbeitsunfall und als Arbeitsunfallfolgen:
- Minderung der ausdauernden Belastbarkeit im Bereich des linken Armes
- endgradige Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit links in der handrücken- und hohlhandwärtigen Ebene
- Sensibilitätsstörungen über den ersten Mittelhandknochen streckseitig sowie im Bereich des rechten Beckenkamms
- 10 cm lange reizlose Narbe im Bereich des linken Unterarmes
- 5 cm lange reizlose Narbe am rechten Beckenkamm nach Spongiosaentnahme
- Röntgenologisch ist die körperferne Unterarmfraktur unter geringgradigem Ulnavorschub und deutlich verschmälertem Gelenksspalt bei noch einliegendem Material knöchern vollständig verheilt
an. Sie bewilligte ab dem 25. August 2007 bis zum 6. April 2008 eine Rente nach einer MdE von 20 v. H. Am 20. Februar 2009 erfolgte in den BG-Kliniken B. ein erneuter korrigierender operativer Eingriff. In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9. November 2012 bezifferte Dr. L. die MdE auf unter 10 v. H. Aufgrund der festgestellten Bewegungsausmaße des linken Handgelenkes lasse sich eine relevante Einschränkung nicht erkennen. Mit Bescheid vom 11. Februar 2013 gewährte die Beklagte unter Berücksichtigung eines Stützrententatbestandes aus dem Arbeitsunfall vom 16. Juni 1999 für die Zeit vom 7. April 2008 bis 11. Juli 2010 eine Stützrente auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 10 v. H. Über diesen Zeitpunkt hinaus sei keine Stützrente zu gewähren, da die Befunde keine MdE in Höhe von 10 v. H. rechtfertigten.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2013 zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Gotha Klage erhoben. Das Sozialgericht hat bei dem Chirurgen Prof. Dr. B. ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Dieser beziffert in seinem Gutachten vom 26. April 2014 die MdE auf 10 v. H. Entgegen den Ausführungen des Beratungsarztes sei die Fraktur nicht fest zur Ausheilung gekommen. Die Fraktur sei nicht in anatomischer Stellung, sondern unter Verkürzung der Speiche ausgeheilt. Schädigungen im Discusbereich und Knorpeldefekte seien nachgewiesen. Eine Minderung der Bewegungsumfänge im linken Handgelenk gegenüber der rechten Vergleichsseite von zusammenfassend 100 Grad sei nachgewiesen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 6. Juni 2016 den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2013 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin über den 11. Juli 2010 hinaus aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalles vom 12. Juli 2007 Teilverletztenrente als Stützrente nach einer MdE von 10 v. H. zu gewähren. Die vom Sachverständigen Prof. Dr. B. dargelegten Bewegungseinschränkungen des linken Handgelenks und die festgestellten Sensibilitätsstörungen rechtfertigten eine MdE von 10 v.H. Die festgestellten Funktionseinschränkungen seien mit den Auswirkungen eines Speichenbruchs mit Achsabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegung um insgesamt 40...