Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der Krankenversicherung
Orientierungssatz
1. Für die Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder der Krankenversicherung ist gemäß § 240 SGB 5 allein deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit maßgeblich. Bei der Bemessung sind daher auch Einnahmen aus Kapitalerträgen der Beitragspflicht zu unterwerfen.
2. Die geltende Regelung ist verfassungsgemäß. Es besteht keine Pflicht zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wegen der geringeren Schutzwürdigkeit gegenüber pflichtversicherten Mitgliedern dürfen diese beitragsrechtlich nicht begünstigt werden; sie müssen vielmehr kostendeckend verbeitragt werden (BVerfG Beschluss vom 15. 3. 2000, 1 BvL 16/96).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 17. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge der Klägerin zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum 1. April bis 31. Dezember 2012.
Die 1978 geborene Klägerin ist bei der Beklagten zu 1. als hauptberuflich Selbstständige (Steuerberaterin) freiwillig kranken- und bei der Beklagten zu 2. pflegeversichert. Unter dem 8. Mai 2012 übersandte sie der Beklagten zu 1. eine Erklärung über ihre Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit sowie den Bescheid für 2012 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag (im Folgenden: Einkommensteuerbescheid) vom 26. März 2012. Danach betrugen ihre Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit 37.571,00 Euro und ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen bereits unter Abzug des Sparer-Pauschbetrages 48,00 Euro.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2012 teilte ihr die Beklagte zu 1. mit, ab 1. April 2012 würden ihre Beiträge monatlich für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 476,29 Euro, für die soziale Pflegeversicherung (sPV) 70,32 Euro, insgesamt 546,61 Euro betragen. Sie würden grundsätzlich aus den beitragspflichtigen Einnahmen unter Beachtung der vom Gesetzgeber verbindlich vorgegebenen Mindest- bzw. Höchstbeitragsbemessungsgrenze und der jeweilig geltenden Beitragssätze ermittelt. Der Bescheid ergehe auch im Namen der Beklagten zu 2. Hiergegen erhob der Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die Beklagte habe die von ihr zu entrichtenden Beiträge auf einen monatlichen Beitrag oberhalb des Mindestbeitrags und unter Berücksichtigung der Kapitalerträge festgelegt. Die zu Grunde gelegten Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler <BeitrVerfGrsSz>) seien unwirksam, weil sie lediglich vom Vorstand des GKV-Spitzenverbands beschlossen worden seien. Des Weiteren verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, dass bei Selbstständigen Einnahmen und Einkünfte aus Kapitalvermögen beitragspflichtig seien, bei Arbeitnehmern dagegen nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit Urteil vom 17. Oktober 2014 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid beruhe auf § 240 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz). Diese seien nach dem Urteil des BSG vom 19. Dezember 2012 - Az.: B 12 KR 20/11 als untergesetzliche Normen für sich genommen ab 1. Januar 2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten in der GKV. Die Höhe der Beiträge nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 9 BeitrVerfGrsSz i.V.m. § 243 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), § 59 Abs. 1 Satz 3 Abs. 3 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Fassung sei nicht zu beanstanden. Die BeitrVerfGrsSz stünden mit § 240 Abs. 2 SGB V im Einklang. Ein Verbot der Berücksichtigung weiterer Einnahmen ergebe sich daraus nicht. Entscheidend für die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder sei allein die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Maßgebliche Vergleichsgruppe sei im Hinblick auf die zu verbeitragenden Einnahmen auch nicht die Gruppe der aufgrund Versicherungspflicht versicherten Mitglieder, sondern die der freiwillig versicherten Mitglieder. Die Versicherungspflichtigen hätten sich nicht freiwillig für eine Mitgliedschaft in der GKV entschieden, die freiwillig Versicherten hingegen schon. Es bestünden keine Bedenken dagegen, diese Gruppe der freiwillig Versicherten bei der Beitragsbemessung dem Maßstab ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu unterwerfen und dabei auch Einnahmen aus Kapitalerträgen der Beitragspflicht zu unterwerfen. Die GKV habe im Gegensatz zur privaten Krankenvers...