Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der Höhe des Beitrags eines freiwillig Krankenversicherten
Orientierungssatz
1. Maßgeblich für die Bestimmung der Höhe der Beiträge eines freiwillig Krankenversicherten sind gemäß § 240 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 SGB 5 die Beitragsverfahrensgrundsätze für Selbstzahler. Hierbei ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 SGB 4 der nach dem Einkommensteuerrecht ermittelte Gewinn bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.
2. Das Arbeitseinkommen des Selbständigen ist ohne Abzug von Sonderausgaben und sonstigen zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abzuziehenden Beträgen des Steuerpflichtigen zu ermitteln. Dies ist aus Gründen der Gleichbehandlung mit den versicherungspflichtig Beschäftigten geboten.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 8. August 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April 2010 bis 31. Januar 2011.
Der Kläger ist bei der Beklagten zu 1 seit dem 12. April 2004 als hauptberuflich Selbstständiger freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2 pflegeversichert. Am 22. April 2010 übersandte er der Beklagten zu 1 eine Erklärung über seine Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit sowie den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag (im Folgenden: Einkommenssteuerbescheid) vom 26. März 2010, der ihm am 29. März 2010 zugegangen ist. Danach betrugen seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit 45.070 Euro, das zu versteuernde Einkommen 40.383 Euro.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2010 teilte die Beklagte zu 1 ihm mit, ab 1. April 2010 würden seine Beiträge monatlich für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 536,25 Euro, für die soziale Pflegeversicherung (sPV) 82,50 Euro, insgesamt 618,75 Euro betragen. Bei der Berechnung sei der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2008 berücksichtigt worden. Diesen habe sie leider erst verspätet erhalten, so dass sie verpflichtet sei, die Beiträge rückwirkend anzupassen. Für die Beitragsberechnung werde der Bescheid ab dem Monat berücksichtigt, der auf die Zustellung durch das Finanzamt - also ab dem 1. April 2010 - folge. Für den Monat April 2010 bestehe ein Beitragsrückstand in Höhe von 261,93 Euro. Der Bescheid ergehe auch im Namen der Beklagten zu 2. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, es sei falsch, als Grundlage die monatliche Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 3.750 Euro zu berücksichtigen. Hierzu könne die Beklagte zu 1 nur gelangen, wenn sie der Beitragsbemessung den Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 45.070 Euro zu Grunde lege. Tatsächlich sei das "zu versteuernde Einkommen" in Höhe von 40.383 Euro in Ansatz zu bringen. Aufgrund seines Einspruchs gegen den Einkommenssteuerbescheid sei nunmehr der Einkommenssteuerbescheid vom 10. Mai 2010 erlassen worden, wonach das zu versteuernde Einkommen 39.965 Euro betrage. Mit Schreiben vom 27. Mai 2010 wies die Beklagte zu 1 darauf hin, dass sich durch den geänderten Einkommenssteuerbescheid keine Änderung des der Beitragsbemessung zu Grunde liegenden Einkommens ergeben habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. August 2011 wies sie den Widerspruch, auch im Namen der Beklagten zu 2, zurück. Für den Personenkreis der hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen sehe der Gesetzgeber vor, dass der Beitragsbemessung grundsätzlich monatliche beitragspflichtige Einnahmen in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (2010: 3.750 Euro) zu Grunde zu legen sind. Eine am tatsächlichen Einkommen orientierte Einstufung komme nur in Betracht, wenn der Versicherte niedrigere Einnahmen nachweise. Dann würden diese, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe von 75 v.H. der monatlichen Bezugsgröße (2010: 1.916,25 €) herangezogen (§ 240 Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫, § 7 der Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler ≪BeitrVerfGrsSz≫)). Dies gelte analog auch für die Beitragsbemessung in der sPV (§ 57 Abs. 4 Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB XI≫, § 1 BeitrVerfGrsSz). Das Bundessozialgericht (BSG) habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass bei einer selbstständigen Tätigkeit das Arbeitseinkommen als beitragspflichtige Einnahme maßgebend sei. Nach § 15 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei Arbeitseinkommen, der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen sei als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommenssteuerrecht zu bewerten sei. Für die Gewinnermi...