Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Berufsschutzes bei beantragter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung darüber, ob einem vor dem 2. 1. 1961 Geborenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren ist, ist ein Versicherter nur dann in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters einzustufen, wenn es sich bei der für die Einstufung maßgeblichen beruflichen Tätigkeit ihrer Art nach um eine Facharbeitertätigkeit gehandelt hat.
2. Ergibt sich nach den sowohl als Angelernter wie als Facharbeiter verrichteten beruflichen Tätigkeiten kein eindeutiges Bild für eine zugrundezulegende Facharbeitertätigkeit, so ist die tarifliche Einstufung des Versicherten ergänzend zu berücksichtigen. Wurde der Versicherte nicht nach der Lohngruppe entlohnt, in der Facharbeiter mit einer dreijährigen Ausbildung genannt werden, so ist Berufsschutz als Facharbeiter zu versagen.
Normenkette
SGB VI § 240 Abs. 1-2, § 43 Abs. 2 S. 2; RVO § 1246; BetrVG § 99
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Oktober 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juli 2009 bis 30. September 2013 streitig.
Der 1950 geborene Kläger absolvierte vom 1. September 1965 bis 31. Juli 1967 eine Ausbildung zum Maurerhelfer und war danach laut Sozialversicherungsausweis zunächst als Maurerhelfer, ab 17. Dezember 1968 als Maurer, Bohrarbeiter und Tiefbaufacharbeiter tätig. Ab Januar 1977 arbeitete er wieder als Maurer in verschiedenen Betrieben, ab 1991 unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit. Vom 1. Mai 1999 bis 31. Januar 2001 war er laut Arbeitsbescheinigung nach § 312 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) als Elektrohelfer bei der Firma E.-T. beschäftigt. Vom 1. April 2002 bis 30. November 2007 arbeitete er als Maurer bei dem A.-A. J. B. Zuletzt war er vom 18. Februar 2008 bis 13. September 2009 bei der C. B. GbR beschäftigt. Nach der Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III handelte es sich um eine Tätigkeit als Hof- und Lagerarbeiter. In einem Schreiben des Arbeitgebers vom 9. Februar 2009 wird die ausgeübte Tätigkeit als Bauhelfertätigkeit bezeichnet. Laut Arbeitgeberauskunft vom 23. Juni 2009 sollte der Kläger im Betrieb als Betriebsmaurer eingesetzt und mit Abriss- und Reparaturarbeiten, Hof- und Lagerarbeiten sowie Aufräumarbeiten auf dem Firmengelände betraut werden. Am 17. März 2008 erlitt er einen Arbeitsunfall. Seit dem 29. April 2008 bezog er Krankengeld, vom 14. September 2009 bis 26. August 2011 Arbeitslosengeld. Seit 1. Oktober 2013 bezieht er Altersrente für langjährig Versicherte.
Im Juni 2009 beantragte er die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog verschiedene Befundberichte mit entsprechenden Anlagen bei und holte ein orthopädisches Gutachten des Dr. Sch. vom 26. August 2009 ein (Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet: Zustand nach ostheosynthetisch versorgter Acetabulumfraktur links im Zusammenhang mit einem Polytrauma vom 17. März 2008 mit einer verbliebenen Funktionslimitierung im linken Hüftgelenk sowie einer diesbezüglich fortbestehenden Belastbarkeitseinbuße, Zustand nach ostheosynthetisch versorgter Schrägfraktur links mit Materialentfernung im März 2009 und endgradigen Einschränkung der Bewegungsamplituden des linken Schultergelenkkomplexes und einer in diesem Zusammenhang reduzierten Belastbarkeit, Residualzustand nach mittels Zuggurtungsostheosynthese ostheosynthetisch versorgter offener Trümmerfraktur des linken Oleokranon mit einem resultierenden Streckdefizit von 10°, einer endgradigen Beugebehinderung sowie einer im Seitenvergleich leicht eingeschränkten Unterarmwendebewegung und einer dadurch etwas verminderten Belastbarkeit, Chondropathie patellae rechts als isolierte Degeneration des Gelenkknorpels der Kniescheibe meist als Arthrosevorstufe bei noch kaum eingeschränkter Kniegelenkfunktion; Leistungsbild: leichte, zeitweise mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit Möglichkeiten zu einem gelegentlichen Wechsel der Körperposition unter Berücksichtigung zusätzlicher Funktionseinschränkungen für mehr als sechs Stunden arbeitstäglich unter Beachtung zusätzlicher Einschränkungen). Mit Bescheid vom 30. September 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Im Widerspruchsverfahren zog sie die medizinischen Unterlagen der BG Bau zum Arbeitsunfall im Jahr 2008 bei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2010 zurück. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, weil vom Hauptberuf des Betriebshandwerkers auszugehen sei und der Kläger in die Gruppe der Angelernten im unteren Bereich einzuordnen und auf Tätigkeit des allg...