Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zweck von Plausibilitätsprüfungen. Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung. Unrichtigkeit als Ganzes
Orientierungssatz
1. Plausibilitätsprüfungen dienen der Aufdeckung von Abrechnungsfehlern und unwirtschaftlicher Leistungserbringung. Sie sind kein eigenständiges Verfahren der Honorarkürzungen wie die sachlich-rechnerische Berichtigung oder Wirtschaftlichkeitsprüfung (vgl BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 16/99 R = BSGE 86, 30 = SozR 3-2500 § 83 Nr 1). Das bedeutet, dass Plausibilitätskontrollen als solche zwar kein eigenständiges Honorarberichtigungsverfahren darstellen, der Kassenärztlichen Vereinigung jedoch einen Anlass für die sachlich-rechnerische Berichtigung iS des § 45 Abs 2 S 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (juris: BMV-Ä) bzw § 34 Abs 4 S 1 und 2 des Ersatzkassenvertrages (juris: EKV-Ä) bieten können.
2. Die Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung ist eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs eines Vertragsarztes auf Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen. Mit ihr garantiert der Vertragsarzt, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen bzw Datenträgern zutreffen. Diese Garantiefunktion ist gerade wegen der aufgrund des Sachleistungsprinzips im Vertragsarztrecht auseinanderfallenden Beziehungen bei der Leistungserbringung (Verhältnis Arzt zum Patienten) und der Vergütung (Verhältnis Arzt zur Kassenärztlichen Vereinigung) und den damit verbundenen Kontrolldefiziten unverzichtbar (vgl BSG vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 = SozR 3-5550 § 35 Nr 1).
3. Die Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes ist bereits dann unrichtig, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält. Damit entfällt für eine Kassenärztliche Vereinigung grundsätzlich die Verpflichtung, als Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Sie ist rechtlich nicht gehalten, in allen Behandlungsfällen, in denen sie unrichtige Abrechnungen vermutet, den Nachweis der Unrichtigkeit zu führen. Im Ergebnis liegt das Honorarrisiko auf der Seite des Arztes, der in seiner Honorarabrechnung unrichtige Angaben gemacht hat (vgl BSG vom 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 aaO.)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 15. Dezember 2004 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Abänderungsbescheid vom 6. September 2007 wird abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Klägerin werden gegeneinander aufgehoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen im Rahmen einer von der Beklagten durchgeführten Plausibilitätsprüfung in den Quartalen I/1998 und II/1998.
Die Klägerin ist als Gynäkologin in S. nieder- und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte führte ausgehend von den im Vergleich zur Fachgruppe erhöhten Fallwerten der Klägerin eine so genannte Plausibilitätsprüfung durch, wobei sie entsprechend den Vorgaben des Vorstandes anhand von Tagesprofilen die tägliche Arbeitszeit an Werktagen (außer an den Wochenenden) ermittelte. Zur Heranziehung der Abrechnungsunterlagen wurde der zeitliche Aufwand für die von der Klägerin erbrachten und abgerechneten Leistungen pro Arbeitstag ermittelt. Soweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) für die einzelnen Leistungen keine Zeitvorgaben vorsah, legte die Beklagte die vom Vorstand festgelegten Zeiteinheiten zugrunde. Ergab das auf diese Weise ermittelte Arbeitszeitprofil eine - bezogen auf den Zeitraum eines Quartals - durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von mehr als zwölf Stunden, so kürzte die Beklagte das Honorar in dem Ausmaß, das dem Anteil der quartalsbezogenen Summe der für einen zwölfstündigen Arbeitstag hinausgehenden Arbeitsstunden an der für das geprüfte Quartal ermittelten Gesamtarbeitszeit entsprach. Betrug die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit weniger als zwölf Stunden, ergab die Prüfung einzelner Tage jedoch Tagesarbeitszeiten von mehr als vierzehn Stunden, so kürzte die Beklagte entsprechend der vorgenannten Berechnungsweise das Honorar anteilig um das über die tägliche Arbeitszeit von vierzehn Stunden hinausgehende Arbeitsvolumen.
Unter Maßgabe dieser Bestimmungen forderte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2000 die Rückerstattung von Honorar für das Quartal I/1998 in Höhe von 18.662,18 DM und für das Quartal II/1998 in Höhe von 18.783,82 DM. Zur Begründung führte sie aus, dass Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung bestünden, weil mehrere Arbeitstage mit Arbeitszeiten zwischen 20,33 und 26,23 Stunden gegeben seien. Soweit die Klägerin an den genannten Arbeitstagen mehr als vierzehn Stunden gearbeitet haben wolle, sei die Abrechnung als implausibel anzusehen und könnte nicht anerkannt werden. Die Kürzungsbeträge entsprächen den Anteilen in Höhe von 15,18 v.H. für das Quartal I/1998 bz...