Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung eines im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens gestellten Ablehnungsgesuchs gegen die Richter einer Berufungskammer am LG

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen eine Entscheidung des LG über ein Ablehnungsgesuch ist gem. §§ 46 Abs. 1, 567 Abs. 1 ZPO keine sofortige Beschwerde statthaft, wenn das LG im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens als Berufungsinstanz entschieden hat; bei dem Beschluss des LG handelt es sich auch dann nicht um eine erstinstanzliche Ent-scheidung, wenn erstmals im Wiederaufnahmeverfahren über den Befangenheitsantrag zu entscheiden war.

 

Normenkette

ZPO § 46 Abs. 1-2, § 567 Abs. 1, § 591

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Beschluss vom 29.03.2011; Aktenzeichen 4 S 57/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Meiningen vom 29.3.2011, Az. - 4 S 57/10, wird als unzulässig verworfen.

Den Beschwerdeführern fallen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last.

Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 22.695,73 EUR.

 

Gründe

I. Die Beklagten haben im Wege der Nichtigkeitsklage einen Beschluss der Berufungskammer des LG Meiningen vom 28.1.2010 (Az. - 4 S 274/08) angegriffen, durch welchen ihre Berufung gegen das Urteil des AG Eisenach vom 29.10.2008 (Az. 59 C 980/07) gem. § 522 Abs. 2, S. 1 ZPO zurückgewiesen worden ist.

Im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens hat das LG Meiningen ein Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen die Mitglieder der Berufungskammer zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II.1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Berufungskammer ist gem. §§ 46, 567 Abs. 1 ZPO unstatthaft und musste deshalb verworfen werden.

Durch die Neufassung des § 567 Abs. 1 ZPO im Zuge der sog. "ZPO-Reform" ist die sofortige Beschwerde in Funktion und Ausgestaltung der Berufung nachgebildet und der Rechtszug in Nebenentscheidungen dem der Hauptsache angeglichen worden. Seitdem findet die sofortige Beschwerde nur noch gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- oder LG statt. Entscheidet das LG in der Berufungs- oder Beschwerdeinstanz, so scheidet eine sofortige Beschwerde aus; das gilt nach dem klaren Wortlaut des § 567 Abs. 1 ZPO auch dann, wenn in dem Berufungsrechtszug erstmals über den Befangenheitsantrag zu entscheiden war (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 46 Rz. 14; § 567 Rz. 38; Musielak/Heinrich, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 46 Rz. 4; Gehrlein in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2008, § 46 Rz. 2; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, 16. Aufl. 2004, § 24 Rz. 24 jeweils m.w.N.).

Eine Beschwerde gegen die Entscheidung des LG, ein Ablehnungsgesuch zurückzuweisen, ist entsprechend der dargestellten Grundkonzeption der Rechtszüge in Zivilverfahren auch dann nicht eröffnet, wenn das LG - wie vorliegend - im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens als Berufungsgericht (§ 584 Abs. 2 ZPO) entschieden hat. Die gegen eine Entscheidung des Berufungsgerichts gerichtete Wiederaufnahmeklage führt nämlich nicht dazu, dass eine neue erstinstanzliche Verhandlung durchgeführt wird. Sofern die angegriffene Entscheidung aufgrund der zulässigen und begründeten Wiederaufnahmeklage aufgehoben wird, muss der frühere Rechtsstreit wieder aufgenommen und fortgesetzt werden, um ihn durch eine Entscheidung abzuschließen. Das frühere Verfahren wird in die Lage vor Schluss der mündlichen Verhandlung zurückversetzt. Betrifft die Wiederaufnahme eine Entscheidung der Berufungsinstanz, wird das Verfahren in der Berufungsinstanz neu verhandelt (vgl. Musielak, a.a.O., § 590 Rz. 4f). Das Urteil, durch welches ein in der Berufungsinstanz geführtes Wiederaufnahmeverfahren abgeschlossen wird, ist hinsichtlich der Frage der Statthaftigkeit eines Rechtsmittels nicht als erstinstanzliches Urteil, sondern als in der Berufungsinstanz erlassenes Urteil zu behandeln (§ 591 ZPO; vgl. Musielak, a.a.O., § 591 Rz. 1).

Dementsprechend sind Beschwerden gegen im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens ergangene Entscheidungen des Gerichts nur insofern statthaft, als eine Beschwerde in der durch das Wiederaufnahmeverfahren erneut aufgenommenen Instanz überhaupt stattfindet. Jede andere Wertung wäre systemwidrig, weil nach dem Grundgedanken der ZPO der Beschwerderechtszug nicht weiter gehen soll als der Hauptsacherechtszug (vgl. MünchKomm/Lipp, a.a.O., § 567. Rz. 1).

Nach allem scheidet eine sofortige Beschwerde gegen die im Wiederaufnahmeverfahren ergangene Entscheidung der Berufungskammer des LG Meiningen über den Befangenheitsantrag aus.

Da die anwaltlich vertretenen Beklagten gleichwohl den Beschluss der Berufungskammer angegriffen und ausdrücklich um eine Entscheidung des Obergerichts nachgesucht haben, war die sofortige Beschwerde mangels Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hart-mann, 67. Aufl. 2009, Grundz § 511 Rz. 7). Eine Aufhebung des landgerichtlichen Vorlagebeschlusses nebst Zurückverweisung an das LG (so aber OLG Rostock, Beschl. v. 17.6.2009 - 3 W 54/09, OLGReport Rostock, 2009, 880) oder...

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