Leitsatz (amtlich)

Sofern das LG im Rahmen eines Berufungsverfahrens über ein Ablehnungsgesuch entscheidet, ist diese Entscheidung nicht mit der Beschwerde anfechtbar.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 03.11.2006; Aktenzeichen 1 S 116/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Halle vom 3.11.2006 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Beschwerdewert: 550 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger hält die stellvertretende Vorsitzende der 1. Zivilkammer des LG Halle für befangen.

Er hatte gegen ein Urteil des AG Merseburg Berufung eingelegt. Die abgelehnte Richterin machte ihn mit Verfügung vom 31.7.2006 darauf aufmerksam, dass Zweifel an der Zulässigkeit der Berufung bestünden, weil die Berufungssumme von 600 EUR nicht erreicht sei. Nach Eingang der Berufungsbegründung wiederholte sie ihren Hinweis und teilte mit, dass beabsichtigt sei, die Berufung gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht zurückgenommen werde.

Der Kläger hat die Richterin darauf hin mit Schriftsatz vom 28.8.2006 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Das LG hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 22.9.2006 für unbegründet erklärt. Gegen diese Entscheidung, die ihm erst am 23.10.2006 zugestellt wurde, hat sich der Kläger mit einer sofortigen Beschwerde vom 1.11.2006 gewandt.

Das LG hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 3.11.2006 als unzulässig verworfen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass Beschlüsse des LG über Ablehnungsgesuche in der Berufungsinstanz seit der Reform des Zivilprozesses nicht mehr der sofortigen Beschwerde unterliegen.

Mit einer weiteren sofortigen Beschwerde vom 16.11.2006 rügt der Kläger nunmehr, dass das LG seine ursprüngliche Beschwerde dem OLG nicht zur Entscheidung vorgelegt habe.

II. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG vom 3.11.2006 ist unzulässig, sie ist gem. §§ 567 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 46 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO unstatthaft.

1.a) Nach der Neufassung des § 567 Abs. 1 ZPO durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses sind mit der sofortigen Beschwerde ausdrücklich nur noch solche Entscheidungen des LG anfechtbar, die im ersten Rechtszug ergangen sind. Damit ist eine sofortige Beschwerde nicht mehr eröffnet, wenn das LG im Rahmen des Berufungsverfahrens über ein Ablehnungsgesuch entscheidet (vgl. OLGReport Celle, 2002, 228; OLG Karlsruhe MDR 2003, 651; OLG Stuttgart NJW-RR 2003, 494, 495; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2003, 267 - 268; OLG Köln NJW 2004, 3642; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 46 ZPO, Rz. 14; Zöller/Gummer, a.a.O., § 567 ZPO, Rz. 38 m.w.N.).

Dies wird auch durch die neuen Regelungen zur Rechtsbeschwerde deutlich. Denn in § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist neben dem OLG auch das Berufungsgericht genannt. Daraus ergibt sich, dass gegen Entscheidungen der Berufungskammer des LG ebenfalls nur die Rechtsbeschwerde statthaft sein soll.

b) Aus § 46 Abs. 2 ZPO ergibt sich nichts anderes.

Zwar sieht § 46 Abs. 2 ZPO gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, wie bisher die sofortige Beschwerde vor. Damit ist jedoch nur eine der Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO erfüllt. Nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO muss die sofortige Beschwerde nicht nur im Gesetz ausdrücklich bestimmt sein, sondern sich auch gegen eine Entscheidung im ersten Rechtszug richten.

Wenn das LG im Berufungsverfahren über den Antrag auf Richterablehnung befindet, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt (vgl. OLG Köln, a.a.O.; OLG Zweibrücken, a.a.O., m.w.N.). Denn die Berufungskammer entscheidet dann im zweiten Rechtszug.

c) Diese Regelungen entsprechen der Grundkonzeption des ZPO-Reformgesetzes.

Danach sollte die sofortige Beschwerde in Funktion und Ausgestaltung der Berufung nachgebildet werden. Außerdem war es das Bestreben des Gesetzgebers, den Rechtszug in Nebenentscheidungen dem der Hauptsache anzugleichen. So wie gegen das Berufungsurteil des LG nur die Revision stattfindet, sollte auch gegen eine Beschwerdeentscheidung nur die Rechtsbeschwerde möglich sein.

Damit entspricht die neue Regelung der bisherigen Rechtslage bei der Entscheidung über Befangenheitsgesuche gegen Richter am OLG; diese Entscheidung war auch schon vor der Neufassung der ZPO zum 1.1.2002 nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (vgl. BayObLG, NJW 2002, 3262; OLG MDR 2003, 651; OLG Köln NJW 2004, 3642).

d) Im Hinblick hierauf hat das LG die sofortige Beschwerde des Klägers zu Recht in dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen, ohne sie zuvor dem OLG zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorzulegen.

Ist nämlich der Beschwerderechtszug zum OLG von vorn herein nicht eröffnet, ist das LG auch nicht zur Vorlage der angefochtenen Entscheidung verpflichtet. Es durfte die unstatthafte sofortige Beschwerde vielmehr selbst als unzulässig verwerfen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 572, Rz. 6).

2. Das Rechtsmittel des Klägers kann auch nicht in eine dem BGH vorzulegende...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?