Leitsatz (amtlich)
Der Umstand, dass die Höfeordnung im Freistaat Thüringen nicht gilt, steht der Eintragung von Hofvermerken im Grundbuch bei sog. Ausmärkergrundstücken auf Ersuchen niedersächsischer Landwirtschaftsgerichte nicht entgegen.
Normenkette
GBO § 38; HöfeO §§ 1-2; HöfteVfO § 3
Verfahrensgang
AG Sondershausen (Beschluss vom 26.02.2013; Aktenzeichen TO-640) |
Tenor
Der Beschluss des AG - Grundbuchamt - Sondershausen vom 26.2.2013 wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, das Ersuchen des Beteiligten zu 1 nicht aus den Gründen dieses Beschlusses zurückzuweisen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2 ist Eigentümer der in den im Betreff bezeichneten Grundbüchern eingetragenen landwirtschaftlichen Grundstücke. Mit Schreiben vom 28.9.2012 ersuchte der Beteiligte zu 1 das Grundbuchamt, die Grundstücke auf einem Grundbuchblatt zusammenzuschreiben und folgenden Hofvermerk einzutragen: "Dieser Grundbesitz bildet mit dem im Grundbuch von B. Bl. 950 (AG D.) einen Hof gemäß Höfeordnung". Das Grundbuchamt hat das Ersuchen mit der Begründung zurückgewiesen, die Höfeordnung gelte in Thüringen nicht, so dass die Eintragung eines Hofvermerks unzulässig sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2. Er macht geltend, Eigentümer eines in Niedersachsen gelegenen Hofes im Sinne der Höfeordnung, eingetragen im Grundbuch von B., Bl. 950 zu sein. Die Hofzugehörigkeit von Grundstücken, die von dem Hof aus bewirtschaftet werden, ergebe sich aus § 2 HöfeO. Sie sei auch für sog. Ausmärkergrundstücke, die in Bundesländern liegen, in denen die Höfordnung nicht gilt, in Rechtsprechung und Literatur anerkannt.
Der Senat hat bei den Grundbuchämtern und den Landwirtschaftsgerichten im Grenzgebiet zwischen Thüringen und Niedersachsen sowie bei dem L. N.-O., dem für den südlichen Teil Niedersachsens zuständigen Bauernverband, Auskünfte eingeholt, ob seit dem 3.10.1990 in nennenswerter Zahl von Thüringer Grundbuchämtern Hofvermerke auf Ersuchen niedersächsischer Landwirtschaftsgerichte eingetragen wurden. Das Landwirtschaftsgericht D. hat mitgeteilt, dass entsprechende Ersuchen in einer grob geschätzten Größenordnung von ca. 20 Fällen erfolgten, denen - bis auf den vorliegenden Fall - regelmäßig stattgegeben wurde. Das Grundbuchamt H. H. hat mitgeteilt, dass es insbesondere auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts D. Hofvermerke eingetragen hat. In seinem Bereich gebe es derzeit Eintragungen für 10 niedersächsische Hofeigentümer, betroffen seien ca. 30 Grundbuchblätter. Jährlich gingen etwa fünf bis sechs entsprechende Anträge ein. Der Justitiar des L. N.-O. hat erklärt, in seiner Beratung in derartigen Fällen auf die Eintragung von Hofvermerken hinzuweisen. Nach seiner Erinnerung habe es stets positive Rückmeldungen der Beteiligten im Hinblick auf die Eintragung von Hofvermerken in Thüringer Grundbüchern gegeben; erinnerlich seien ca. ein Dutzend Fälle. Die weiteren befragten Grundbuchämter und Landwirtschaftsgerichte haben mitgeteilt, in der Vergangenheit entsprechende Ersuchen nicht gestellt bzw. bearbeitet zu haben. Der Beteiligte zu 2 hat ein Grundbuchblatt und einen Beschluss betreffend die Zugehörigkeit in Sachsen-Anhalt gelegener Grundstücke zu niedersächsischen Höfen vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Die Eintragung von Hofvermerken im Grundbuch erfolgt nach § 3 HöfeVfO auf Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts; dabei handelt es sich um ein behördliches Eintragungsersuchen i.S.v. § 38 GBO (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 38 Rz. 15). Wird das Ersuchen zurückgewiesen, hat nicht nur die ersuchende Behörde, sondern auch ein sonstiger Beteiligter, hier also der Beteiligte zu 2 als Grundstückseigentümer, ein eigenes Beschwerderecht. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1. Bei behördlichen Eintragungsersuchen hat das Grundbuchamt im Regelfall lediglich zu prüfen, ob die ersuchende Behörde zur Stellung des Ersuchens abstrakt befugt ist, ob das Ersuchen hinsichtlich seiner Form und seines Inhalts den gesetzlichen Vorschriften entspricht und ob die durch das Ersuchen nicht ersetzten Eintragungserfordernisse vorliegen. Nicht zu prüfen hat das Grundbuchamt hingegen, ob die Voraussetzungen für die ersuchte Eintragung tatsächlich vorliegen; das liegt allein im Verantwortungsbereich der ersuchenden Behörde. Lediglich dann, wenn das Grundbuchamt die sichere Kenntnis hat, dass dem Ersuchen jede Rechtsgrundlage fehlt, hat es das Ersuchen zurückzuweisen, weil es nicht daran mitwirken darf, das Grundbuch unrichtig zu machen (Demharter, a.a.O., Rz. 73, 74 m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist das Grundbuchamt verfahrensrechtlich zutreffend ausgegangen. Richtig ist auch, dass die Höfeordnung und die Höfeverfahrensordnung in ihrem Geltungsbereich als partielles Bundesrecht auf das Gebiet der Bundesländer Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein beschränkt ist (Böhringer ...