Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdeberechtigung der Großmutter eines Kindes im Verfahren nach § 1666 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Die Großmutter ist nicht formell Beteiligte des Verfahrens gem. § 1666 BGB, auch wenn das Verfahren auf ihren Antrag eingeleitet wurde.
2. Ihr steht kein Beschwerderecht gegen die Sachenentscheidung zu. § 57 Abs. 2 FGG schließt die Beschwerdeberechtigung aller Verwandten des Kindes aus.
3. Sie ist auch als Pflegeperson i S des § 1688 BGB nicht Verfahrensbeteiligte im Verfahren auf Entzug der elterlichen Sorge.
4. Eine vollständige Übertragung der elterlichen Sorge gem. § 1630 Abs. 3 BGB ist unzulässig, da dies in der Sache nicht mehr zu einer Pflegschaft führen würde.
Normenkette
BGB §§ 1666, 1632 Abs. 4, § 1630 Abs. 3; FGG § 57 Abs. 1 Nr. 8, § 57 Nr. 9, § 57 Abs. 2, § 64 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Eisenach (Aktenzeichen 6 F 88/08) |
Tenor
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren verweigert.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist die Großmutter des Kindes L. Die Beteiligte zu 2) ist die Kindesmutter. Nachdem die Antragsgegnerin die Geburtsklinik am 28.11.2007 mit L. verlassen hat, lebt das Kind bei der Großmutter.
Für die Kindesmutter ist eine Betreuung eingerichtet (Bl. 17 d.A.).
Da die Kindesmutter nicht in der Lage ist, für L. zu sorgen, wurde am 3.12.2007 von den Parteien eine Urkunde der Notarin La. (Urkundenrolle Nr. 1113/07) errichtet, wonach die Antragstellerin mit Zustimmung der Kindesmutter die häusliche Pflege für L. übernommen hat.
Die Kindesmutter hat weiter erklärt, dass sie für den Fall, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sein sollte, das Sorgerecht für die Tochter L. auszuüben und für den Fall ihres Todes wünsche, dass das Sorgerecht für L. ihrer Mutter übertragen werde.
Der Kindesvater M. Z. hat 7.2.2008 ggü. der Stadt E., Jugend- und Schulverwaltungsamt, Az. 51.1/307.4.200026, die Vaterschaft für L. anerkannt.
Die Kindesmutter ist Mutter von zwei weiteren Kindern, S. (2 Jahre) und J. (3 Jahre), die nicht bei ihr leben und anderweitig untergebracht sind. Die Kindesmutter zeigt seit der Geburt kein Interesse an der Erziehung, Pflege und Betreuung des Kindes L., obwohl sie bis zum Jahreswechsel 2007/08 im Haushalt ihrer Mutter im gleichen Haus gewohnt hat.
Die Großmutter hat vor dem AG das alleinige Sorgerecht für L., hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Vermögenssorge sowie das Recht zur Gesundheitsfürsorge beantragt.
Das Jugendamt hat mit Bericht vom 12.3.2008 den Entzug des elterlichen Sorgerechts ggü. der Kindesmutter und die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Großmutter befürwortet.
Das AG hat die Kindesmutter, die Großmutter und das Jugendamt am 16.4.2008 persönlich angehört.
Der Vorsitzende hat am Schluss der Sitzung vom 16.4.2008 - in Abwesenheit der Verfahrensbeteiligten - einen Beschluss verkündet:
Der Antragsgegnerin D. G. wird die elterliche Sorge für die Tochter L. entzogen.
Zum Vormund wird die Antragstellerin P. G. bestellt.
Das AG hat am 22.5.2008 den im Protokoll vom 16.4.2008 enthaltenen Beschluss berichtigt und der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Vermögenssorge, das Recht der Gesundheitsfürsorge sowie das Recht zur Beantragung sozialer Leistungen für die Tochter L. entzogen und zum Pfleger die Antragstellerin und Großmutter bestimmt.
Das AG hat zur Begründung ausgeführt, das Gericht komme aufgrund der Anhörung der Beteiligten zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für einen gänzlichen Entzug der elterlichen Sorge bei der Kindesmutter gem. § 1666 BGB nicht, wohl aber für einen teilweisen Entzug einzelner Maßnahmen der Personensorge vorlägen. Da sich die Kindesmutter nicht im erforderlichen Maße um die Belange des Kindes L. kümmere, bestehe aktuell eine Gefährdung des Kindeswohls. Insoweit werde auf einen Bericht des Jugendamtes vom 12.3.2008 Bezug genommen.
Allerdings reiche dies nicht für einen gänzlichen Entzug der elterlichen Sorge aus, da es hier am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit fehle. Es gebe als milderes Mittel den kompletten Entzug der elterlichen Sorge, nämlich die teilweise Übertragung bestimmter Maßnahmen der Personensorge auf einen Pfleger. Demgemäß sei ein Pfleger gem. § 1909 BGB zu bestellen. Seitens des Jugendamtes der Stadt Eisenach sei die Bestellung der Antragstellerin befürwortet worden. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass die Antragstellerin auch hierzu geeignet sei. Da der Vater des Kindes L. nicht Inhaber der elterlichen Sorge sei und seitens des Jugendamtes mangels Mitarbeit des Vaters nicht habe geprüft werden können, ob auch dessen Bestellung in Frage komme, habe das Gericht von einer Bestellung des Vaters als Pfleger abgesehen.
Gegen den Beschluss vom 16.4.2008 richtet sich die befristete Beschwerde der Großmutter, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Sie wiederholt ihren Vortrag I. Instanz und führt an, die Kindesmutter sei nicht in der Lage und willens, ihr Leben in den Griff zu bekommen, geschweige den...