Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenswert im unterhaltsrechtlichen Stufenverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Gegenstandswert eines in der Auskunftsstufe "steckengebliebenen" unbezifferten Leistungsantrags im unterhaltsrechtlichen Stufenverfahren (§§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 254 ZPO) übersteigt nicht den Wert des Auskunftsbegehrens.
Normenkette
FamGKG §§ 35, 38; FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 254
Verfahrensgang
AG Stadtroda (Beschluss vom 19.11.2016; Aktenzeichen 3 F 289/16) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG -Familiengericht -Stadtroda vom 19.11.2016 (Az. 3 F 289/16) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die getrennt lebende Antragstellerin hatte ihren Ehemann, den Antragsgegner, im Rahmen eines Stufenverfahrens erstinstanzlich auf Auskunft und einen noch zu beziffernden monatlichen Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. In der Antragsschrift ging die Antragstellerin nach vorläufiger Bewertung von einem monatlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von 400 EUR aus. Nach Anberaumung einer Güteverhandlung und eines Haupttermins sind beide Stufenanträge noch vor dem Termin zurückgenommen worden.
Mit Beschluss vom 19.11.2016 hat das AG Stadtroda ohne nähere Begründung den Verfahrenswert auf 1.200 EUR festgesetzt. Dabei hat es dem Verfahrenswert ausschließlich den Auskunftsanspruch zugrunde gelegt, den es mit 1/4 des von der Antragstellerin erwarteten Unterhaltsanspruchs (400 EUR × 12 = 4.800 EUR) veranschlagt hat.
Hiergegen richtet sich die im eigenen Namen der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners eingelegte Beschwerde, die auf eine Erhöhung des Verfahrenswertes auf 5.000 EUR abzielt. Auch ein unbezifferter (Stufen)Leistungsanspruch habe in den Verfahrenswert einzufließen, wobei er im Wege der Schätzung zu bestimmen sei. Mangels tragfähiger Anhaltspunkte sei vorliegend vom Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamFG EUR auszugehen.
II. Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten ist statthaft gem. §§ 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG und auch sonst zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das AG hat im Ergebnis zutreffend allein den Wert des Auskunftsanspruchs berücksichtigt.
1. Die Frage, wie der Verfahrenswert des in einem Stufenverfahren in Familienstreitsachen (§§ 254 ZPO, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) aufgrund vorzeitiger Verfahrensbeendigung nicht mehr in die Leistungsstufe gelangten unbezifferten Zahlungsantrages (sog. "steckengebliebener Stufenantrag") zu bewerten ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem kontrovers erörtert.
a) Die heute ganz überwiegende Auffassung geht dahin, dass bereits für das Stadium der Auskunftsstufe der höhere Wert des Leistungsanspruchs maßgebend sei. Dies wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass mit Zustellung der Antragsschrift nicht nur der Auskunfts-, sondern auch der Zahlungsantrag rechtshängig werde und somit den Verfahrenswert (mit)konstituiere (vgl. OLG Jena, 3. Familiensenat, Beschl. vom 27.01.2014 -Az. 3 WF 731/13 Rn. 3 = AGS 2014, 338; OLG Schleswig, Beschl. vom 08.08.2013 -Az. 15 WF 269/13 Rn. 7 = FamRZ 2014, 689; OLG Hamm, Beschl. vom 14.03.2013 -Az. 6 WF 329/12 Rn. 12 f. = FamRZ 2014, 1224 f.; OLG Brandenburg, Beschl. vom 09.01.2006 -Az. 10 WF 313/05 Rn. 4 = FamRZ 2007, 71 [zitiert jeweils nach juris]; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Keske, 10. Aufl., Kap. 17 Rn. 82; Thiel in: Herget/Schneider, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn. 8347e, ebenso Kurpat a.a.O. Rn. 5055 [für zivilrechtliche Stufenklagen] mit weit. Nachw.; Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl., § 38 Rn. 34). Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, nach welchen Maßstäben die ausgebliebene Bezifferung zu kompensieren ist. Teilweise wird auf ausdrückliche oder konkludente (auch vorgerichtliche) Leistungserwartungen des Antragstellers abgestellt (vgl. OLG Hamm a.a.O. Rn. 15), teilweise - in Ermangelung solcher Anhaltspunkte - vom Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG (5.000 EUR) Gebrauch gemacht (vgl. OLG Jena a.a.O.; Thiel a.a.O. Rn. 8347c).
Erledigt sich ein Stufenverfahren vor Übergang in die Bezifferung des Leistungsanspruchs, so ist der Verfahrenswert der Gegenansicht zufolge nach dem Wert des Auskunftsantrags und damit regelmäßig nur mit einem Bruchteil des Wertes des Leistungsanspruches zu bemessen (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. vom 07.07.2008 -Az. 16 WF 173/08 Rn. 11 f. = AGS 2009, 86 f. [juris]; OLG Schleswig, FamRZ 1997, 40, 41).
b) Nach Auffassung des Senats vermag der Begründungsansatz der herrschenden Meinung weder begrifflich noch sachlich zu überzeugen. Der bloße Umstand, dass ein unbezifferter Leistungsantrag rechtshängig geworden ist und gem. § 38 FamGKG den Gegenstandswert des Verfahrens mitbestimmt, besagt noch nichts darüber, welcher Wert ihm trotz einer im weiteren Verfahrensverlauf ausgebliebenen Bezifferung zuzumessen ist. Die allgemeine Regel des § 35 FamGKG, wonach sich der Verfahrenswert nach dem Betrag einer bezifferten Zahlungsforderung richtet, ist in der gegebenen Konstellation schon vom Wortlaut nicht anwendbar, weil es a...