Leitsatz (amtlich)
1. Die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis wegen nachträglicher Veränderungen erloschen ist, stellt keine Inbetriebnahme ohne Zulassung im Sinne der §§ 48 Nr. 1a, 3 Abs. 1 FZV dar. Der Fortfall der Betriebserlaubnis lässt die Zulassung nicht entfallen.
2. Eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit ist nach §§ 69a Abs. 3 Nr. 1, 30 StVZO, 24 StVG möglich, wenn die Veränderung die Verkehrssicherheit beeinträchtigt oder Gefahren oder Belästigungen entstehen lässt.
Normenkette
StVZO §§ 19, 30 Abs. 1, § 69a Abs. 2 Nr. 3; FZV § 3 Abs. 1, § 48 Nr. 1a; StVG § 24
Verfahrensgang
AG Suhl (Entscheidung vom 02.10.2007; Aktenzeichen 330 Js 16558/07 - 5 OWi) |
Tenor
1. Der Betroffene wird unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts S vom 2.10.2007 wegen fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs, dessen üblicher Betrieb andere mehr als unvermeidbar belästigt, zu einer Geldbuße von 25 € verurteilt.
2. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten und notwendigen Auslagen des Betroffenen für das Rechtsbeschwerdeverfahren, die die Staatskasse trägt.
Angewendete Vorschriften: §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG
Gründe
I. Das Amtsgericht S verurteilte den Betroffenen am 2.10.2007 wegen einer am 11.03.2007 verübten Verkehrsordnungswidrigkeit des fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs ohne erforderliche EG-Typengenehmigung, Betriebserlaubnis oder Zulassung im öffentlichen Straßenverkehr zu einer Geldbuße von 50 € und stützte dies auf §§ 3 Abs. 1, 48 Abs. 1, Nr. 1 a) der Fahrzeugzulassungsverordnung und §§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 69a Abs. 2 Nr. 3 StVZO.
Durch den Anbau eines Racingschalldämpfers vom Typ Viper ohne Zulassung an das Kraftrad des Betroffenen sei das zulässige Standgeräusch von 93 dB um 6 dB überschritten worden. Damit sei die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erloschen gewesen und der Betroffene habe das Fahrzeug nicht mehr im Verkehr führen dürfen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit dem am 8.10.2007 eingegangenen Antrag des Verteidigers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er begehrt, das Urteil nach Zulassung der Rechtsbeschwerde mit den tatsächlichen Feststellungen aufzuheben. Mit dem Anbau des Schalldämpfers sei die Zulassung nicht erloschen. Selbst das Fehlen einer Betriebserlaubnis hebe nicht die Zulassung auf. Der Betroffene habe allenfalls ein unvorschriftsmäßig ausgerüstetes Fahrzeug in Betrieb genommen.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Antrag unter dem 1.12.2008 Stellung genommen und beantragt, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Sie hält die Rechtsbeschwerde auch für begründet, denn nach der nunmehr geltenden Rechtslage führe das Erlöschen der Betriebserlaubnis nicht zum Verlust der Zulassung. Es sei aber mit Inbetriebnahme des Fahrzeugs nach dem Schalldämpferanbau mit der Verschlechterung des Geräuschpegels ein Fahrzeug nach Erlöschen der Betriebserlaubnis entgegen § 30 Abs. 1 StVZO in Betrieb genommen und damit eine Ordnungswidrigkeit nach § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO begangen worden.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt daher, das amtsgerichtliche Urteil abzuändern und den Betroffenen wegen fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderlich Betriebserlaubnis zu einem Bußgeld von 25 € zu verurteilen.
Der Einzelrichter beim Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 12.1.2009 die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache zur Fortbildung des Rechts dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als der Betroffene nur wegen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen verkehrsüblicher Betrieb andere mehr als unvermeidbar belästigt, nach §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 25 € zu verurteilen war.
1. Das Urteil des Amtsgerichts S konnte nicht unverändert Bestand haben, weil § 69a Abs. 2 Nr. 3 StVZO (Inbetriebsetzung eines Kraftfahrzeugs ... ohne die erforderliche Zulassung oder ... ohne die erforderliche Betriebserlaubnis), auf den die Verurteilung gestützt wird, zum Zeitpunkt der Tathandlung und der Entscheidung aufgehoben war.
a) Die Inbetriebnahme ohne Zulassung ist in § 48 Nr. 1a i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 FZV als Ordnungswidrigkeit erfasst. Der Betroffene hat jedoch kein Kraftfahrzeug ohne Zulassung in Betrieb genommen.
Zwar ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs wegen Verschlechterung des Geräuschverhaltens erloschen. Das Amtsgericht ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass mit der Veränderung am Kraftrad neben der Betriebserlaubnis auch die Zulassung erloschen sei. Betriebserlaubnis und Zulassung sind nicht dergestalt miteinander verknüpft, dass beide miteinander stehen und fallen.
Nach § 3 der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) ist die Typengenehmigung oder Betrieberlaubnis Voraussetzung für den Verwaltungsakt der Zulassung des Fahrzeugs. Ein späterer Fortfall der Betriebserlaubnis ist indes keine auflöse...