Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriterien für Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
Normenkette
BGB § 1671
Verfahrensgang
AG Altenburg (Beschluss vom 03.06.2010; Aktenzeichen 5 F 304/09) |
Tenor
1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Altenburg vom 3.6.2010 wird abgeändert.
Dem Antragsteller wird das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das minderjährige Kind S. D., geb. am 17.1.2003, übertragen.
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; die gerichtlichen Auslagen tragen die Parteien je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind die Eltern des am 17.1.2003 geborenen Kindes S. D. Aufgrund einer Sorgeerklärung üben sie die elterliche Sorge gemeinsam aus.
Nachdem die Parteien zunächst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen gelebt haben, trennten sie sich im Januar 2005, wobei hinsichtlich des Kindes S. zunächst bis März 2009 das Wechselmodell praktiziert wurde.
Nach mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen über das Umgangs- und Sorgerecht trafen sie am 17.3.2009 in den Verfahren 2 F 542/06 und 2 F 582/05 die gerichtliche Vereinbarung, wonach bei Fortbestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch die Kindesmutter ausgeübt werde. Neben der weiteren Regelung zum Umgang waren sich die Parteien darüber einig, dass die künftige Kommunikation nur im Ausnahmefall über E-Mails erfolgen solle und ansonsten die Kommunikation auf der Basis von Telefonaten und den Gesprächen beim Jugendamt bzw. zwischen ihnen stattfinde.
Im vorliegenden Verfahren, welches mit Schriftsatz vom 27.7.2009 eingeleitet wurde, verfolgt der Antragsteller erneut die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind S..
Er führte erstinstanzlich im Wesentlichen an, dass sich die Antragsgegnerin nicht an die Vereinbarung vom 17.3.2009 halte und nach wie vor keine Kommunikation zwischen Ihnen erfolge. Auch drohe, die vor Jahren begonnene musikalische Erziehung und Talentförderung abzubrechen, da die Antragsgegnerin nicht mehr mit der erforderlichen Konsequenz dahinterstehe. Zudem nutze die Antragsgegnerin die Vereinbarung dazu aus, den Umgang erheblich einzuschränken.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat ihrerseits auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge angetragen.
Sie führte erstinstanzlich an, dass es die Art und Weise der Gesprächsführung des Antragstellers verbunden mit zum Teil auch beleidigenden Angriffen gewesen sei, die eine Kommunikation nicht habe entstehen lassen.
Das Jugendamt hat in seiner Stellungnahme vom 15.9.2009 mitgeteilt, dass aus sozialpädagogischer Sicht eine Vermittlung von Seiten des Jugendamtes gescheitert sei und der Elternkonflikt sich in den letzten Monaten zugespitzt habe. Eine Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Kindesmutter sei jedoch nicht zu empfehlen, da gegenwärtig keine Umstände von erheblicher Bedeutung bekannt seien, die zu entscheidende wären.
Das AG hat mit Beschluss vom 5.10.2009 die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens beschlossen und zum Sachverständigen Diplom-Psychologe O. W. aus H. bestellt.
Dieser kam zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich des Kindeswillens von S. festgehalten werden könne, dass sich dieser nach den hierbei notwendigen vier Kriterien der Autonomie, Stabilität, Intensität und Zielorientiertheit genügend gut objektivieren lasse und darin bestehe, den Lebensmittelpunkt bei der Kindesmutter aufrecht zu erhalten.
Hinsichtlich des Weiteren Ergebnisses der Begutachtung wird auf das familienpsychologische Sachverständigengutachten vom 4.1.2010 verwiesen.
Das AG hat nach Anhörung des Kindes sowie der übrigen Beteiligten und des Sachverständigen mit Beschluss vom 3.6.2010, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, die elterliche Sorge für das Kind S. der Antragsgegnerin allein übertragen.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind S. auf sich weiter verfolgt.
Er führt im Wesentlichen an, dass der Sachverständige aufgrund der durchgeführten testpsychologischen und testexplorativen Ergebnisse zu dem Schluss gekommen sei, die primäre Bezugsperson sei die Kindesmutter. Soweit der Sachverständige sich hierbei auf die Testdiagnostik nach dem Verfahren Problemfragebogen gemäß ELL und dem emotionalen Beziehungstest gemäß ELL stütze, könne dem nicht gefolgt werden, da es sich hierbei um keine standardisierten, wissenschaftlich gültigen Verfahren handele. Zudem fände sich in der Literaturliste kein Hinweis darauf, woher der Sachverständige die erwähnten Fragebögen und Testverfahren bezogen habe. Es müsse demzufolge davon ausgegangen werden, dass keine aktuellen wissenschaftlichen Grundlagen zu den Verfahren vorhanden seien. Darüber hinaus müsse, was den Einsatz von bestimmten Verfahren in dem Gutachten betreffe, auc...