Entscheidungsstichwort (Thema)

Einziehung eines Erbscheines. Erbvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Unterliegt der Erblasser als maßgeblichem Erbstatut dem Recht der DDR, ist eine letztwillige Verfügung durch Erbvertrag ausgeschlossen; unbenommen bleibt eine Umdeutung eines unwirksamen Erbvertrages in eine einseitige Verfügung von Todes wegen.

 

Normenkette

ZGB DDR § 372; BGB § 2084

 

Verfahrensgang

BezirksG Gera (Beschluss vom 02.07.1992; Aktenzeichen 3 T 96/92)

KreisG Saalfeld (Aktenzeichen 60-337-88)

 

Tenor

Der Beschluß des Bezirksgerichts Gera vom 02.07.1992 wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung (auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde) an das Landgericht Gera zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Erblasserin war mit dem am 30.4.1976 vorverstorbenen Landwirt, K. R. verheiratet. Sie hat diesen allein beerbt. Dessen Neffe ist der Beteiligte zu 1. Die Beteiligten zu 2. bis 4. sind die Nichte und Neffen der Erblasserin und kommen als gesetzliche Erben in Betracht. Die Erblasserin lebte bis zu ihrem Tode im Beitrittsgebiet. Während eines Besuchsaufenthaltes in der Bundesrepublik schloß sie mit dem Beteiligten zu 1. vor dem Notar L. in Celle am 27.11.1981 einen einseitigen Erbvertrag ab. Darin hat sie den gesamten Grundbesitz Ihres verstorbenen Ehemannes in dem Bestand vom 1. Januar 1949 dem Beteiligten zu 1. zugewandt. Anschließend erklärten die Erblasserin und der Beteiligte zu 1. zu notarieller Beurkundung des Notars L. in zwei gesondert gefertigten Urkunden, welche Grundstücke in N. und W. durch den Erbvertrag erfaßt wurden und daß mit dem Erbvertrag auch sämtliche Ansprüche hinsichtlich des enteigneten Grundbesitzes in W., H. und N. zugewandt worden seien. Der Erbvertrag wurde in die amtliche Verwahrung bei dem Amtsgericht Hann. Münden gegeben. Durch zwei gleichlautende Testamente vom 10.4.1985 mit Nachtrag vom 7.5.1987 verfügte die Erblasserin über ihren gesamten Hausrat, Wäsche, Kleidung und Erinnerungsstücke.

Am 11.9.1990 erteilte das Staatliche Notariat Saalfeld den Beteiligten zu 2. bis 4. einen gemeinschaftlichen Erbschein, wonach der Beteiligte zu 2. zu ½ und die Beteiligte zu 3. und 4. je zu ¼ Erbe geworden sind. Mit Schriftsatz vom 19.9.1990 hat der Beteiligte zu 1. beantragt, die Unrichtigkeit des Erbscheines festzustellen und den Erbschein für unwirksam zu erklären, weil der Erbvertrag in ein notarielles Testament umgedeutet werden könne, und deshalb der Beteiligte zu 1. Erbe geworden sei. Durch Beschluß vom 23.1.1991 erklärte das Kreisgericht Saalfeld den Erbschein vom 11.9.1990 als unrichtig und zog ihn ein.

Gegen diesen Beschluß erhoben die Beteiligten zu 2. bis 4. Beschwerde, gerichtet auf Neuerteilung des Erbscheines in der bisherigen Form. Diesem Rechtsmittel half das Kreisgericht Saalfeld ab und erteilte am 8.10.1991 einen dem Erbschein vom 11.9.1990 gleichlautenden Erbschein.

Dagegen hat der Beteiligte zu 1. Beschwerde eingelegt.

Durch Beschluß vom 2.7.1992 hat der 3. Zivilsenat des Bezirksgerichts Gera die Beschwerde zurückgewiesen. Nach Ansicht des Zivilsenates hat der Erbvertrag keine Rechtswirkung erlangt. Selbst wenn man ihn in ein notariell beurkundetes Testament umdeute, mangele es der zwingenden Formvorschrift des § 384 des Zivilgesetzbuches der DDR, wonach ein notarielles Testament vom Staatlichen Notariat in Verwahrung zu nehmen sei. Dies habe gemäß § 373 Abs. 2 ZGB die Nichtigkeit des Testamentes zur Folge.

Dagegen hat der Beteiligte zu 1. weitere Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, der Erbvertrag könne in ein notarielles Testament umgedeutet werden, das gem. dem Haager Testamentsabkommen formgültig errichtet worden sei. Danach habe die Erblasserin am 27.11.1981 eine wirksame letztwillige Verfügung durch notarielle Beurkundung und Hinterlegung in der Bundesrepublik errichten können. Er behauptet, die Erblasserin habe ihn mit dem Erbvertrag zum Erben und nicht lediglich zum Vermächtnisnehmer einsetzen wollen und bezieht sich auf das Zeugnis des beurkundenden Notars.

Er beantragt, den Erbschein vom 8.10.1991 einzuziehen.

Die Beteiligten zu 2. bis 4. beantragen, die weitere Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der Erbvertrag enthalte keine Erbeinsetzung des Beschwerdeführers, sondern allenfalls ein Vermächtnis zu dessen Gunsten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch vorläufigen Erfolg. Die Entscheidung des 3. Zivilsenates des Bezirksgerichts Gera beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, weil die Erblasserin wirksam letztwillig verfügt hat.

1. Zutreffend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Erblasserin nach dem Recht der ehemaligen DDR beerbt wurde. Gem. Artikel 235 § 1 EGBGB bleibt das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts gestorben ist. Die Frage, welches Recht anzuwenden war, wurde im Verhältnis der Bundesrepublik zur ehemaligen DDR nach den Regeln des sogenannten interlokalen Privatrechts beurteilt (vgl. BG Erfurt, Bes. Zivilsenat, Beschluß vom 27....

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