Leitsatz (amtlich)
Wirksame Zustellung eines Bußgeldbescheids bei Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht.
Verfahrensgang
AG Stadtroda (Entscheidung vom 16.11.2016; Aktenzeichen 250 Js 26176/15 8 OWi) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen mit der klarstellenden Maßgabe verworfen, dass die verhängte Geldbuße 400,- € beträgt.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 07.04.2015 setzte die Zentrale Bußgeldstelle in A--- gegen den Betroffenen wegen des Vorwurfs, er habe als Fahrer des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen: F--- am 19.12.2014 um 08:29 Uhr auf der BAB ---, Gemarkung T---, bei km 193,5, Fahrtrichtung B--- die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 53 km/h (zulässige Geschwindigkeit: 130 km/h; festgestellte Geschwindigkeit - nach Toleranzabzug: 183 km/h) überschritten, eine Geldbuße in Höhe von 240,00 € fest und ordnete - verbunden mit der Wirksamkeitsregel des § 25 Abs. 2 a StVG - gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat an.
Der Bußgeldbescheid wurde dem Verteidiger des Betroffenen am 10.04.2015 im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegung in den Briefkasten unter seiner Kanzleianschrift zugestellt.
Der Verteidiger hatte sich zuvor mit Faxschreiben vom 03.02.2015 bei der Zentralen Bußgeldstelle in A--- unter Angabe des Verwaltungsaktenzeichens gemeldet und unter ausdrücklichem Hinweis auf die beigefügte Vollmacht angezeigt, dass ihn der Betroffene mit seiner Verteidigung beauftragt habe. Dem Faxschreiben beigefügt war die mit "Strafprozessvollmacht und Mandat" überschriebene Vollmachtsurkunde, die den Namen des Bevollmächtigten nicht enthält und auf der sich über dem gedruckten Namen des Betroffenen ein handschriftliches nicht lesbares Kürzel befindet, zu dem die Rechtsbeschwerdebegründung vorträgt, dass es sich um ein "X" als Markierung für das Feld handelt, wo der Betroffene hätte unterschreiben sollen. Offenkundig sei versehentlich die Vorlage für den Betroffenen anstelle einer Vollmacht zur Akte gereicht.
Gegen den Bußgeldbescheid legte der Verteidiger des Betroffenen am 23.04.2015 Einspruch ein und regte mit Schriftsatz vom 20.01.2016 an, das Verfahren gem. § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.
Zur Begründung dieses Antrags führte er aus, dass der am 10.04.2015 der Kanzlei zugestellte Bußgeldbescheid vom 07.04.2015 die Verjährung nicht (erneut) unterbrochen habe, weil eine wirksame Zustellung nicht vorliege. Bei Durchsicht der Akte habe er festgestellt, dass mit seinem Faxschreiben vom 03.02.2015 zwar eine Vollmachtsurkunde übersandt worden sei, diese aber weder einen bevollmächtigten Verteidiger ausweise, noch von dem Betroffenen unterschrieben worden sei. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 OWiG für eine Zustellung an den gewählten Verteidiger hätten daher nicht vorgelegen, weshalb die Zustellung nicht an den Verteidiger hätte erfolgen dürfen, sondern an den Betroffenen hätte erfolgen müssen.
Am 16.11.2016 verurteilte das Amtsgericht Stadtroda den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft um 53 km/h zu einer Geldbuße von 400,00 €. Von der Verhängung eines Fahrverbots sah das Amtsgericht mit der Begründung ab, dass der Betroffene im Sicherheitsgewerbe tätig, dort dringend auf seinen Führerschein angewiesen sei und ihm Arbeitsverlust drohe, was eine besondere Härte bedeuten würde. Zudem seien seit dem Verstoß fast 2 Jahre vergangen.
An der Hauptverhandlung hatten weder der Betroffene noch sein Verteidiger teilgenommen. Der Betroffene war auf Antrag seines Verteidigers von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden. Diesem Antrag hatte er eine Vollmacht beigefügt, die den Verteidiger als den Bevollmächtigten ausweist und vom Verteidiger selbst i. V. des Betroffenen unterzeichnet ist. Hierzu führt der Antragsschriftsatz aus, dass der Betroffene ortsabwesend sei und er ihn auch hierzu bevollmächtigt habe.
Gegen das seinem Verteidiger in vollständig abgefasster Form am 22.12.2016 zugestellte Urteil, das - abweichend vom Inhalt des verkündeten und als Anlage zum Protokoll genommenen Tenors - die verhängte Geldbuße im Tenor mit 450,00 € (statt 400,00 €) beziffert, hat der Betroffene durch seinen Verteidiger am 29.12.2016 Rechtsbeschwerde eingelegt, die er am 23.01.2017 mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet hat.
In ihrer Zuschrift an den Senat hat die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, dass der Tenor des schriftlichen Urteils wegen eines Schreibversehens auf 400,00 € zu korrigieren ist.
Hierauf hat der Betroffene - zuletzt mit Schreiben seines Verteidigers vom 10.10.2017 - erwidert.
II.
1.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthaft und auch im Übrigen zulässig eingelegt und ebenso begründet worden.
2.
Die Rechtsbeschwerde hat jedoch - mit Ausnahme der vom Rechtsb...