Leitsatz (amtlich)

Die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 3 GBO setzt nicht nur die Einhaltung der Wertgrenze für das betreffende Grundstück oder dessen Anteil voraus, sondern verlangt im Interesse der Rechtssicherheit auch, dass die Beschaffung des Erbscheins mit unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühe verbunden ist.

 

Verfahrensgang

AG Hildburghausen (Aktenzeichen HAE-363)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Hildburghausen vom 25.4.2014 in der Fassung der Verfügung vom 31.7.2014 - Nichtabhilfeentscheidung vom 28.8.2014 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführer zu tragen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 500 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des im Betreff bezeichneten Grundstücks sind im Grundbuch E und O W in Erbengemeinschaft eingetragen. Deren Erben bzw. Erbeserben schlossen am 15.3.2013 vor dem verfahrensbevollmächtigten Notar (Ur.-Nr .../2013) einen Vertrag über die Aufhebung der Erbengemeinschaften und ließen das Grundstück an die Beteiligte zu 1 auf. Dabei wurde der Beteiligte zu 2 durch die Beteiligte zu 1 aufgrund einer von der Amtsschreiberei S beglaubigten Vollmacht vertreten. Die am 30.1.1965 verstorbene E W wurde - durch Erbschein nachgewiesen - u.a. von S R, geb. W beerbt. Deren Alleinerbe soll aufgrund eines dem Grundbuchamt vorgelegten privatschriftlichen Testaments der Beteiligte zu 2 sein. Auf den Vollzugsantrag des Urkundsnotars erließ das Grundbuchamt am 25.4.2014 eine Zwischenverfügung und forderte den Nachweis der Erbfolge nach S R durch Vorlage eines Erbscheins. Nachdem der Urkundsnotar Fotokopien der Sterbeurkunde von S R, deren Ehevertrag mit dem Beteiligten zu 2 sowie ein Protokoll über das Inventar und die Teilung des Vermögensnachlasses von S R, abgeschlossen zwischen dem Beteiligten zu 2 und den Kindern der Eheleute R vorgelegt hatte, hielt das Grundbuchamt mit der ergänzenden Verfügung vom 31.7.2014 an der Forderung fest, einen Erbschein vorzulegen. Hierauf könne nicht nach § 35 Abs. 3 GBO verzichtet werden, weil die Beschaffung des Erbscheins weder unverhältnismäßige Kosten noch Mühen verursache.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Urkundsnotars, der geltend macht, die Erbfolge nach S R sei eindeutig nachgewiesen; insbesondere sei das vorgelegte Protokoll über das Inventar und die Teilung des Vermögensnachlasses im schweizerischen Grundbuchverfahren anerkannt und vollzogen wurden. Die Beschaffung eines Erbscheins sei für den in der Schweiz ansässigen, gesundheitlich stark beeinträchtigten und bereits 76 Jahre alten Beteiligten zu 2 mit einem unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühen verbunden.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. In seiner Stellungnahme hierzu wiederholt der Urkundsnotar sein Vorbringen vor dem Grundbuchamt.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Der Senat geht im Wege der Auslegung davon aus, dass der Urkundsnotar die Beschwerde nicht für alle der an dem Vertrag vom 15.3.2013 beteiligten Personen eingelegt hat, sondern nur im Namen derjenigen, die durch die Zwischenverfügung direkt betroffen sind. Das sind die Beteiligte zu 1 als Begünstigte des Vertrages und der Beteiligte zu 2, der die Erbenstellung nach S R für sich in Anspruch nimmt. In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, weil das Grundbuchamt zu Recht den Nachweis der Erbfolge nach S R durch Vorlage eines Erbscheins gefordert hat.

Grundsätzlich ist der Nachweis der Erbfolge durch einen nach § 2353 BGB zu erteilenden Erbschein zu führen, § 35 Abs. 1 S. 1 GBO. Zum Nachweis lässt das Gesetz außerdem die Vorlage einer öffentlichen Urkunde zu, die eine letztwillige Verfügung enthält, und zwar zusammen mit der Niederschrift über deren Eröffnung, § 35 Abs. 1 S. 2 GBO. Diese Möglichkeit kommt hier nicht in Betracht, weil lediglich ein privatschriftliches Testament von S R vorliegt. Nur ausnahmsweise kann das Grundbuchamt bei Eintragung eines Eigentümers hiervon absehen und sich mit anderen, nicht der Form des § 29 GBO entsprechenden Beweismitteln begnügen, wenn das Grundstück oder dessen Anteil weniger als 3.000 EUR wert ist und die Beschaffung des Erbscheins nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist; in Betracht kommt dann auch die Versicherung an Eides statt, § 35 Abs. 3 GBO. Es entspricht soweit ersichtlich einhelliger Auffassung, dass im Hinblick auf die gesetzlich zugewiesene Aufgabenteilung zwischen Nachlassgericht und Grundbuchamt und die Gefahr von Amtshaftungsansprüchen bei Fehlentscheidungen des Grundbuchamts (Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl., § 35 Rz. 38) von der Ausnahmeregelung des § 35 Abs. 3 GBO nur zurückhaltend Gebrauch zu machen ist (OLG München NotBZ 2014, 304 ff. m.w.N.). Danach muss es hier bei dem Nachweis durch Erbschein verbleiben.

Nach den Angaben im Vertrag beträgt der Bodenrichtwert in der betr...

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