Leitsatz (amtlich)

Bei der Wahl und Bemessung der Ordnungsmittel steht dem Tatrichter ein Ermessen zu.

Ordnungshaft ist grundsätzlich im Umgangsverfahren möglich. Sie ist aber nachrangig gegenüber der Verhängung von Ordnungsgeld. Zu berücksichtigen sind die Schwere und das Ausmaß der Verletzunghandlung, deren Folgen für den Vater, der zeitliche Umfang des Verstoßes, der Grad des Verschuldens der Mutter, spezialpräventiver Aspekte (was ist erforderlich, damit die Mutter sich künftig titelkonform verhält?) sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter.

 

Normenkette

FamFG § 89 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Gera (Beschluss vom 12.12.2014; Aktenzeichen 1 F 1112/12)

 

Tenor

1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Gera vom 12.12.2014, Az. 1 F 1112/12, wird abgeändert:

Gegen die Antragsgegnerin wird Ordnungshaft von 6 Tagen angeordnet.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht auf die Ordnungsmittelanträge des Antragstellers vom 2.7.2014 (für den 25.6.2014), 14.7.2014 (für den 2.7.), 14.7.2014 (für den 9.7.2014), 11.9.2012 (für den 30.7.2014), 11.9.2014 (für den 6.8.2014), 11.9.2014 (für den 13.8.2014) 11.9.2014 (für den 20.8.2014), 11.9.2014 (für den 27.8.2014), 11.9.2014 (für den 3.9.2014), 11.9.2014 (für den 10.9.2014) wegen nicht gewährter Umgangstermine gegen die Antragsgegnerin (Mutter) Ordnungshaft von 36 Tagen (12 × 3 Tage) angeordnet. Hiergegen richtet sich die am 19.1.2015 beim Familiengericht eingereichte sofortige Beschwerde der Mutter, die ohne Begründung blieb. Das Familiengericht hat die Sache dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die nach § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Mutter hat teilweise Erfolg, da die festgesetzte Ordnungshaft der Höhe nach einer Korrektur bedarf.

Zu Recht hat das Familiengericht gegen die Mutter dem Grunde nach gemäß §§ 86 ff., 89 FamFG Ordnungshaft verhängt.

Die formellen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung sind erfüllt. Die mit Beschluss des AG vom 28.5.2014 getroffene Umgangsregelung stellt einen ordnungsgemäßen Vollstreckungstitel im Sinne von § 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG dar, der nach § 86 Abs. 2 FamFG mit Wirksamkeit vollstreckbar ist und wegen § 86 Abs. 3 FamFG auch keiner Vollstreckungsklausel bedarf. Die gegen den Vollstreckungstitel erhobene Beschwerde vom 4.6.2014 ist kein Vollstreckungshindernis. Die Wirksamkeit ist nach §§ 40 Abs. 1, 41 Abs. 1 S. 2, 10 Abs. 1 Satz 1, 15 Abs. 2 S. 1 FamFG, § 172 Abs. 1 ZPO mit Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter am 3.6.2014 eingetreten. Die gegen den Vollstreckungstitel erhobene Beschwerde vom 4.6.2014 ist kein Vollstreckungshindernis. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Den Antrag der Mutter auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung des vorgenannten Beschlusses hat der Senat mit Beschluss vom 8.7.2014 zurückgewiesen.

Der Vollstreckungstitel ist hinreichend bestimmt, da er eine erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs enthält. Unter Ziffer 1 sind die einzelnen Zeitpunkte des Umgangs sowie die Art des Umgangs (zunächst begleiteter Umgang) und der Ort des Umgangs festgelegt. Ziffer 4 regelt den Übergabeort.

Nach § 89 Abs. 2 FamFG können Umgangsregelungen durch Festsetzung eines Ordnungsmittels (Ordnungsgeld oder Ordnungshaft, § 89 Abs. 1 S. 1 FamFG) nur dann vollstreckt werden, wenn zuvor auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hingewiesen worden ist. Ein solcher Hinweis ist in der gerichtlichen Umgangsregelung vom 28.5.2014 enthalten. Die Belehrung unter Ziffer 5 des Beschlusstenors entspricht den Anforderungen nach § 89 Abs. 2 FamFG, da hinreichend bestimmt auf die nach dem Gesetz bestimmten Folgen einer Zuwiderhandlung (§ 89 Abs. 1 FamFG) gegen diesen Vollstreckungstitel hingewiesen wird.

Aufgrund der Umgangsregelung zu 1a) des Beschluss des Familiengerichts vom 28.5.2014, Az. 1 F 1112/12, sollte begleiteter Umgang in der 24. KW bis 27. KW 2014 jeweils mittwochs von 13.00-14.00 Uhr, in der 28. - 32 KW 2014 jeweils mittwochs von 12:00 - 13:00 Uhr und u.a. in der 33. - 37. KW 2014 jeweils mittwochs von 12:00 - 14:00 Uhr stattfinden. Das sind der 11.6.2014, 18.6.2014, 25.6.2014, 2.7.2014. 9.7.2014, 16.7.2014, 23.7.2014, 30.7.2014, 6.8.2014, 13.8.2014, 20.8.2014, 27.8.2014, 3.9.2014, 10.9.2014.

Unstreitig hat nur der Umgangstermin am 11.6.2014 stattgefunden. Weitere Umgänge hat die Kindesmutter verhindert und damit ihrer Verpflichtung aus dem Beschluss des Familiengerichts vom 28.5.2014, Az. 1 F 1112/12, zuwidergehandelt (§ 89 Abs. 1 FamFG). Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht statt (BGH FamRZ 2014, 732; 2012, 533). Da die Vollstreckung durch Verhängung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft im Gegensatz zu den nach der früheren Rech...

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