Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwilligung des Geschädigten in Kfz-Beschädigung beim gestellten Verkehrsunfall
Leitsatz (amtlich)
Beweislast bei Anzeichen für einen gestellten Verkehrsunfall.
Normenkette
BGB § 823; StVG §§ 7, 18; PflVG § 3 Nr. 8; ZPO § 288
Verfahrensgang
LG Erfurt (Aktenzeichen 5 O 966/99) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Erfurt v. 14.1.2000, 5 O 966/99, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Beschwer des Klägers beträgt unter 60.000 DM.
Tatbestand
Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Entscheidung des LG Erfurt ist im Ergebnis zuzustimmen. Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten Schadens unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich insbesondere nicht aus § 823 BGB oder §§ 7, 18 StVG. Dem Kläger ist kein ersatzfähiges Unrecht geschehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles fest, dass der Kläger in eine Beschädigung seines Fahrzeuges wirksam eingewilligt hat.
Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass demjenigen, der in die Schädigung seines Rechtsgutes durch einen anderen ausdrücklich einwilligt, kein ersatzfähiges Unrecht geschieht (volenti non fit iniuria). Dieser Grundsatz gilt erst recht für den Bereich der Gefährdungshaftung (hier: §§ 7, 18 StVG), ohne dass auf die Streitfrage einzugehen wäre, ob insoweit eine Haftung für an sich rechtmäßiges Verhalten besteht. Er steht allerdings unter der Einschränkung, dass die Einwilligung nicht gegen das Gesetz oder gegen die guten Sitten verstoßen darf (BGH BGHZ 7, 198 [207] = VersR 1952, 430 [431]). Die Einwilligung des Berechtigten in die Beschädigung der eigenen Sache ist indes i.d.R. rechtlich wie sittlich indifferent, jedenfalls, wenn sie auf freiem und mangelfreiem Willensentschluss beruht. Ihren rechtlichen Bestand kann es auch nicht berühren, dass sie möglicherweise der Verwirklichung fernerer Ziele zu dienen bestimmt ist, die ihrerseits gegen Gesetz und/oder Sitte verstoßen würden. Hier gilt das, was auch allgemein für an sich rechtlich und sittlich indifferente Hilfsgeschäfte, die aber einem sittenwidrigen Endzweck dienen sollen, anerkannt ist (zuletzt BGH-Urteil BGHZ 67, 119 [124] = MDR 1977, 132 = VersR 1976, 941 [942 li.Sp.]), entsprechend (BGH VersR 1978, 862 [863]).
Die Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Fahrzeuges durch den Beklagten zu 1) wird in ihrer Wirksamkeit nicht dadurch berührt, dass als Erfolg möglicherweise ein Versicherungsbetrug beabsichtigt war. Ein anderes Ergebnis, insbesondere die Zuerkennung eines Schadensersatzanspruches aufgrund unwirksamer Einwilligung wäre sinnwidrig (BGH VersR 1978, 862 [863]).
Ganz erhebliche Zweifel an der Unabsichtlichkeit des Zusammenstoßes oder ein starker Verdacht eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) wären für die Bejahung einer wirksamen Einwilligung nicht ausreichend. Nach allgemeiner Meinung ist die Einwilligung als Rechtfertigungsgrund vom Schädiger darzulegen und zu beweisen (BGH BGHZ 39, 103 [108] = MDR 1963, 399; BGHZ 24, 21 [27]; VersR 1978, 862 [864]). Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist bei der direkten Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers gem. § 3 Nr. 1 PflVG nicht gerechtfertigt. Der Direktanspruch besteht zwar aus einem deliktsrechtlichen Teil (Haftpflichtanspruch) und einem versicherungsrechtlichen Teil (Deckungsanspruch), und Letzterer steht von Hause aus nur dem durch den Versicherungsvertrag unmittelbar Begünstigten zu, wobei eine abweichende Beweisregelung unter vertraglichen Gesichtspunkten gerechtfertigt sein könnte. Soweit jedoch der Haftpflichtanspruch gegen den Versicherten verfolgt wird, ist das sog. Trennungsprinzip anerkannt. Wegen der übereinstimmenden Interessenlage kann bei Zusammenfassung des Haftpflicht- und des Deckungsprozesses in einem Verfahren nichts anderes gelten (BGH VersR 1978, 862 [864]).
Der Beklagten zu 2) kommen die Regeln des Anscheinsbeweises nicht zu Gute. Diese sind auf den Nachweis einer die Rechtswidrigkeit ausschließenden betrügerischen Vortäuschung des Unfallgeschehens zwar grundsätzlich anwendbar. Aus dem Wesen der Unfallmanipulation folgt aber, dass die Möglichkeit, wenn nicht sogar die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Schadensereignisses bestehen soll und wegen des vom Kläger bewiesenen äußeren Tatbestandes der Rechtsgutsverletzung auch besteht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates fest, dass es zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem des Beklagten zu 1) zu einem Anstoß gekommen ist. Dem Kläger kommt insoweit bereits die seinen Vortrag bestätigende Einlassung des Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem LG Erfurt am 17.12.1999 als gerichtliches...