Verfahrensgang

LG Erfurt (Entscheidung vom 07.07.2006)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 07.07.2006 abgeändert und die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

  • IV.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Freistellung von Anlieger- und Anschlussbeiträgen nach Bundes- und Landesrecht nebst Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Die Beklagte verkaufte durch einen notariellen Grundstückskaufvertrag vom 15.10.1993 an die Rechtsvorgängerin der Klägerin ein 18.036 Quadratmeter großes Gewerbegrundstück in ihrer Gemarkung G zum Quadratmeterpreis von 39 DM.

In § 1 Nr. 2 des Vertrags heißt es:

"Der Kaufpreis von 39,00 DM beinhaltet die Anliegerbeiträge für die in § 2 Ziff. 1 genannten Anlagen."

In § 2 des Vertrags heißt es:

"Anliegerbeiträge

1.

Die Verkäuferin wird das von dem Käufer erworbene Grundstück zusammen mit weiteren Grundstücken erschließen.

Mit Zahlung des sich nach § 1 Ziff. 2 ergebenden Kaufpreises sind auch die der Gemeinde entstehenden Aufwendungen für die Aufschließung des Gewerbegebietes abgegolten, und zwar für die Herstellung der öffentlichen Straßen und Wege, die Kanalisation zur Ableitung des Abwassers (Schmutz- und Regenwasser) aus den Verkehrsflächen und aus den Baugrundstücken, Regenrückhaltebecken nebst erforderlicher Kläreinrichtung, der Wasserversorgungsanlagen, der Straßenbeschilderung ohne Verkehrszeichen, der Straßenbeleuchtung, der öffentlichen Grünflächen, der Bebauungs- und Erschließungsplanung einschl. der entsprechenden Ingenieurhonorare u.a. In dem Betrag der Aufschließungskosten sind bereits erhaltene bzw. künftige Zuschüsse zur Förderung der Infrastruktur aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA-Mittel) berücksichtigt.

2.

Mit Zahlung der Aufschließungskosten sind die Baugrundstücke freigestellt von der erstmaligen Erhebung aller nach Bundes- und Landesrecht in Verbindung mit den Ortssatzungen zu erhebenden Anlieger- und Anschlussbeiträgen in diesem Bebauungsplan- gebiet einschl. eventueller Kosten nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG).

3.

Die Gebühren und Abgaben, z. B. für die Verbesserung, Benutzung, Verwaltung, Instandsetzung und Erweiterung der Erschließungsanlagen nach Maßgabe vorhandener bzw. künftiger Ortssatzungen der Gemeindeverwaltung bleiben hiervon unberührt. Ebenso hat der Käufer die Bau- und Hausanschlusskosten dem jeweiligen Versorgungsträger (z. B. für Strom, Gas, Telefon u.a.) zu erstatten."

Der Kaufpreis war so kalkuliert, dass er zusammen mit den Fördermitteln sämtliche Kosten der Erschließungsmaßnahmen innerhalb des Gewerbegebiets abdeckte.

Die Beklagte führte die Erschließung durch.

Die Beklagte trat dem am 22.02.1994 gegründeten Wasser- und Abwasserzweckverband W bei, auf den sie am 18.12.1998 ihre Abwasseranlagen übertrug. Dieser fusionierte am 30.11.2000 mit dem Wasser- und Abwasserzweckverband Z und übertrug am 20.12.2000 sein Vermögen auf diesen.

Der Wasser- und Abwasserzweckverband Z erließ am 04.12.2002 einen Beitragsbescheid gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin. Darin wurde auf der Grundlage des Thüringer Kommunalabgabengesetzes (ThürKAG) ein Herstellungsbeitrag in Höhe von 141.613,94 EUR zur Deckung des Investitionsaufwandes für die öffentliche Entwässerungseinrichtung erhoben. Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch, über den bislang nicht entschieden worden ist.

Die Klägerin beauftragte die Klägervertreter mit der Geltendmachung eines diesbezüglichen Freistellungsanspruchs gegen die Beklagte. Diese forderten die Beklagte mehrmals erfolglos zur Freistellung auf und stellten hierfür ein Anwaltshonorar in Höhe von 950,15 EUR in Rechnung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte verpflichtet sei, sie von dem Herstellungsbeitrag freizustellen. Denn dieser sei durch den Kaufpreis abgegolten. Die Abgeltung umfasse das gesamte innerhalb und außerhalb des Gewerbegebiets gelegene Entwässerungssystem, an welches das Grundstück der Klägerin angeschlossen sei. § 2 Nummer 1 des Vertrags unterscheide insoweit nicht. § 2 Nr. 2 des Vertrags meine nur die Heranziehung der im Gewerbegebiet belegenen Baugrundstücke.

Die Klägerin hat beantragt,

  • 1.

    festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen Zahlungsverpflichtungen aus der erstmaligen Erhebung aller nach Bundes- und Landesrecht in Verbindung mit den Ortssatzungen zu erhebenden Anlieger- und Anschlussbeiträgen für das auf der Gemarkung Kornhochheim Flur-Nr. 3 gelegene Flurstück 443/2 einschließlich eventueller Kosten nach ...

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