Leitsatz (amtlich)

1. Eine einseitige Erledigungserklärung (der Verfügungsklägerin) ist als Antrag auszulegen, die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Es handelt sich dabei um eine zulässige Beschränkung und Änderung des (ursprünglichen) Klageantrags (§ 264 Nr. 2 ZPO) in einen Feststellungsantrag, die auch noch in der Berufungsinstanz statthaft ist mit der Folge, dass grundsätzlich hierüber durch streitiges Sachurteil zu entscheiden ist.

2. Ist die Erledigung der Hauptsache eingetreten, weil die Klage (hier der Verfügungsanspruch) zulässig und begründet war und hat die Berufung (der Verfügungsklägerin) keinen Erfolg, weil das LG dies zutreffend festgestellt hat, so kann das Berufungsgericht dies auch im Wege des Beschlussverfahrens nach § 522 Abs. 2 ZPO bestätigen, da der Beschluss (nach § 522 Abs. 2 ZPO) an die Stelle des Berufungsurteils tritt und ebenso wie aus einem Urteil auch aus dem Zurückweisungsbeschluss der Umfang der Rechtskraft - der durch die Erledigungserklärung gegenstandslos gewordenen Hauptsache - herzuleiten ist.

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Entscheidung vom 10.10.2008; Aktenzeichen 9 O 1246/08)

 

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Verfügungsbeklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.03.2009.

 

Gründe

Das Landgericht hat die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, der Verfügungsklägerin zum Zwecke der Portierung ihre bisherigen Telefonanschlüsse bis zur Vorlage einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsachverfahren vor dem Landgericht Erfurt, AZ. 9 O 190/08, zur Verfügung zu stellen. Gegen dies ihr am 02.09.2008 zugestellte Urteil hat die Verfügungsbeklagte mit am 29.09.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit der am 30.10.2008 bei Gericht eingegangenen Begründung vom selben Tag hat sie beantragt, das Urteils des Landgerichts Erfurt vom 02.09.2008 abzuändern und die einstweilige Verfügung aufzuheben. Mit am 10.10.2008 verkündeten und mittlerweile rechtskräftigem Urteil hat das Landgericht Erfurt in dem Verfahren 9 O 190/08 festgestellt, dass der Rechtsstreit durch Prozessvergleich vom 18.07.2008 beendet ist. Auf Hinweis des Senats hat die Verfügungsklägerin daraufhin die Hauptsache für erledigt erklärt, während die Verfügungsbeklagte eine Erledigungserklärung abgelehnt hat, da aus ihrer Sicht der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung von Anbeginn an unbegründet war.

Der Senat beabsichtigt festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt und die bis zur Erledigungserklärung anhängig gewesene Hauptsache gegenstandslos geworden ist.

Die einseitige Erledigungserklärung der Verfügungsklägerin ist als Antrag auszulegen, die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Dabei handelt es sich um eine zulässige Beschränkung und Änderung des Klageantrags (§ 264 Nr. 2 ZPO) in einen Feststellungsantrag, die auch in der Berufungsinstanz noch statthaft ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl. § 91 a Rn. 36 und 37 m.w.N.) mit der Folge, dass grundsätzlich durch streitiges Sachurteil festzustellen ist, ob der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, also ob die eingereichte Klage zulässig und begründet war.

Für den Fall, dass eine Erledigung der Hauptsache eingetreten ist, die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und damit die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, kann der Senat auch statt durch Urteil - nach mündlicher Verhandlung - im Wege des Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheiden. Der Senat schließt sich insoweit der überzeugenden Entscheidung des OLG Rostock vom 01.02.2006 - 6 U 164/05 - (MDR 2006, 947) an. Wie das OLG Rostock ist der Senat der Ansicht, dass die der Sachentscheidung durch Urteil innewohnende materielle Rechtskraft des Inhalts, dass die bis zur Erledigungserklärung anhängig gewesene Hauptsache gegenstandslos geworden ist (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 91a Rn. 46), ebenso durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO getroffen werden kann, da der Beschluss an die Stelle des Berufungsurteils tritt und ebenso wie aus dem Letztgenannten auch aus dem Zurückweisungsbeschluss der Umfang der Rechtskraft herzuleiten ist (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 522 Rn. 40).

Vorliegend ist durch das rechtskräftig gewordene Urteil des Landgerichts Erfurt vom 10.10.2008 im Verfahren 9 O 190/08 objektiv eine Erledigung eingetreten. Denn die ergangene einstweilige Verfügung gab der Verfügungsbeklagten ohnehin nur auf, der Verfügungsklägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem vorgenannten Verfahren die Anschlüsse zwecks Portierung zur Verfügung zu stellen.

Der auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtete Antrag war auch nach einstimmiger Auffassung des Senats - entgegen der von den Verfügungsbeklagten vertretenen Ansicht - bis zum Eintritt der Erledigung zulässig und begründet.

Das Landgericht hatte die einstwei...

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