Leitsatz (amtlich)
1. Die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in internationale Kaufverträge ist durch Auslegung gem. Art. 8 CISG zu beurteilen. Diese setzt voraus, dass der Empfänger eines Vertragsangebots, dem AGB zugrunde liegen sollen, die Möglichkeit haben muss, von deren Inhalt in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen (Anschluss an BGHZ 149, 113 und OLG Celle NJW-RR 2010, 136).
2. Auch bei internationalen Kaufverträgen obliegt dem Verwender für die Einbeziehung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Darlegungs- und Beweislast.
Normenkette
CISG Art. 8, 14
Verfahrensgang
LG Meiningen (Aktenzeichen HKU/Ö/Uö) |
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz nach vorzeitiger Beendigung eines langfristigen Liefervertrages ("Long Term Agreement") über sog. Balancer. Hierbei handelt es sich um u.a. von der Klägerin produzierte Massenausgleichsgetriebe, die zur Vermeidung von Geräusch- und Vibrationsentwicklungen bei Fahrzeugmotoren eingesetzt werden. Mit Zwischenurteil vom 25.3.2010 hat das LG seine internationale und örtliche Zuständigkeit festgestellt. Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, das LG hätte die Klage durch Endurteil als unzulässig abweisen müssen, weil sie nach ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: AGB) - konkret nach Ziff. 26a FGT 26, rev. 4/97, Ziff. 26a FGT 27, rev. 9/00 bzw. Ziff. 39.04 PPGTC - vor dem für ihren Hauptsitz in den USA zuständigen Gericht zu verklagen sei.
Im Einzelnen rügt sie:
Rechtsfehlerhaft habe das LG seine Entscheidung auf die Entscheidung des BGH vom 31.10.2001 gestützt (BGHZ 149, 113). Der BGH habe sich nicht mit der Frage der Einstellung von AGB im Internet auseinandersetzen müssen, weil der Entscheidung keine Fallgestaltung zugrunde gelegen habe, in der die Parteien den Vertrag über das Internet geschlossen bzw. ihre Korrespondenz im Rahmen der Vertragsbeziehung ausschließlich über das Internet abgewickelt haben. Die Entscheidung sei überholt, weil sie mit der Lebenswirklichkeit im Wirtschaftsleben nicht mehr im Einklang stehe.
Übersehen habe das LG - ebenso wie das OLG Celle in der von dem LG zitierten Entscheidung vom 24.7.2009 (NJW-RR 2010, 136 ff.) -, dass nach § 305 Abs. 2 BGB selbst im Rechtsverkehr mit Verbrauchern nicht in jedem Fall die körperliche Übergabe eines Textes mit AGB verlangt werde, sondern die Einstellung in das Internet ausreiche, wenn der Kunde die Möglichkeit habe, diese durch Herunterladen kostenlos zu kopieren. Für den internationalen Rechtsverkehr zwischen Unternehmen könne mithin nichts anderes gelten, erst recht nicht, wenn - wie hier - die gesamte Korrespondenz ausschließlich über das Internet abgewickelt worden sei. Der Klägerin sei es auch "ohne weitere Schwierigkeiten" möglich gewesen, die FGT 26, rev 4/97, die FGT 27. rev 9/00 und die PPGTC kostenlos aus dem Lieferantenportal der Beklagten herunterzuladen und auszudrucken.
Das LG habe bei seiner Feststellung, dass der Klägerin eine "einfache" Kenntnisnahme der AGB der Beklagten im Internetportal der Beklagten nicht möglich sei die Unterschiede zwischen dem Registrierungsprozess und dem Prozess des Aufrufens der AGB der Beklagten nach Abschluss des Registrierungsprozesses vermischt. Die einstündige Präsentation der Zeugin S vor dem LG habe sich auf den Registrierungsprozess bezogen. Nach Abschluss des Registrierungsprozesses könne der Vertragspartner binnen weniger Sekunden mit seiner Benutzer-Kennung ("Supplier-Code") und dem von ihm selbst entwickelten Passwort auf die AGB der Beklagten zugreifen, dies habe die Demonstration der Zeugin S am 14.1.2010 ebenfalls gezeigt. Diese von der Zeugin vorgenommenen Schritte nach Abschluss des Registrierungsprozesses seien vergleichbar mit den Schritten, welche die Klägerin bei Abschluss der Liefererbestätigung ("Sourcing Confirmation Letter") am 26.3.2000, bei Abschluss des Langzeitliefervertrages am 11.1.2001 ("Long Term Agreement") und bei Abschluss der Vereinbarung über die Ausweitung der Produktionsmengen am 30.06./23.07./5.8.2003 zu durchlaufen gehabt habe. Es sei sogar ein Schritt weniger erforderlich gewesen, weil unter der Geltung der FGT 26, rev 4/97 und der FGT 27, rev 9/00 nicht zwischen AGB für Produktionsgüter und AGB für Waren und Dienstleistungen außerhalb des Produktionsprozesses differenziert werde.
Entgegen der Auffassung des LG habe bei Abschluss des Langzeitliefervertrages am 11.1.2001 Einigung zwischen den Parteien bestanden, das ihre Vertragsbeziehung den FGT 26, rev 4/97 der Beklagten unterliegen solle. Die Einigung ergebe sich aus
- der Liefererbestätigung ("Sourcing Confirmation Letter") vom 28.3.2000,
- den parallel zwischen der Tochtergesellschaft der Beklagten, der F W A...