Leitsatz (amtlich)
1. Rechnet der Geschädigte, der zur Entrichtung vom Umsatzsteuer verpflichtet ist, den ihm durch Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden fiktiv auf Gutachtenbasis ab, so sind Wiederbeschaffungswert und Restwert jeweils mit dem Nettobetrag in das Rechenwerk einzustellen.
2. Der Restwert ist nur dann umsatzsteuerneutral, wenn der Geschädigte, falls er die Sache im beschädigten Zustand veräußert, keine Umsatzsteuer an das Finanzamt entrichten muss.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 2; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Meiningen (Aktenzeichen 2 O 14/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Meiningen wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten haben die Kosten der Berufung zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles, der sich am 31.8.2007 auf der B 84 zwischen B und E ereignete.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagten dem Grunde nach verpflichtet sind, der Klägerin vollen Schadensersatz zu leisten. An dem Fahrzeug der Klägerin, einem Fiat Ducato, entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige N bezifferte den Wiederbeschaffungswert inkl. Mehrwertsteuer auf 23.150 EUR, den Wiederbeschaffungswert ohne Mehrwertsteuer auf 19.453,78 EUR und den Restwert inkl. Mehrwertsteuer auf 4.680 EUR.
Die Klägerin, die in der Rechtsform einer GmbH ein Kurierunternehmen betreibt, ist vorsteuerabzugsberechtigt.
Zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage hat die Beklagte zu 3.) an die Klägerin einen Betrag von 14.773,78 EUR gezahlt.
Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit der (noch rechtshängigen) Klage hat die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung weiterer 747,23 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher, nicht anrechenbarer Anwaltskosten begehrt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, von dem Wiederbeschaffungswert brutto sei der Restwert brutto in Abzug zu bringen. Im Anschluss sei davon die Mehrwertsteuer abzurechnen. Dies ergebe einen Wiederbeschaffungsaufwand von 15.521,01 EUR, auf den die Beklagten unstreitig bislang nur 14.773,78 EUR gezahlt hätten.
Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt. Sie sind der Meinung gewesen, der Wiederbeschaffungswert sei netto anzusetzen. Davon sei der steuerneutrale Restwert anzusetzen, womit sich der Wiederbeschaffungsaufwand auf 14.773,78 EUR beliefe.
Das LG hat die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 747,23 EUR zu zahlen.
Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihnen am 11.8.20008 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 1.9.2008 Berufung eingelegt.
Das Urteil beruhe auf einem Rechtsfehler, insbesondere sei die vom Gericht durchgeführte Berechnung falsch.
Die Beklagten beantragen, die Klage unter Abänderung des Urteils des LG Meiningen vom 30.7.2008 abzuweisen.
Die Klägerin beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und nimmt auf ihren dortigen Vortrag Bezug.
Am 15.8.2008 hat die Beklagte zu 3. den streitigen Betrag nebst Zinsen auf das Konto des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingezahlt. Zuvor haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 11.8.2008 beim LG Meiningen eine Berichtigung des Tenors des Urteils vom 30.7.2008 dahingehend beantragt, dass die Klage abgewiesen wird. Für den Fall, dass ihrem Antrag nicht gefolgt wird, haben sie die Einlegung der Berufung angekündigt. Mit Beschluss vom 10.9.2008 hat das LG den Berichtigungsantrag zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 5.12.2008 haben die Beklagten mitgeteilt, dass die Zahlung des Urteilsbetrages allein zum Zwecke der Vermeidung einer Zwangsvollstreckung und des Auflaufens weiterer Zinsen erfolgt sei.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gem. § 511 ZPO statthaft und form- und fristgerecht gemäß den §§ 517, 519, 520 Abs. 2 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Insbesondere mangelt es der Berufung nicht an der Beschwer. Die Zahlung auf eine streitig gebliebene Klageforderung nach Verkündung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten zusprechenden Urteils führt bei Fehlen klarstellender Begleitumstände im Zweifel nicht zu einem Wegfall der Beschwer und Erledigung der Hauptsache (BGH NJW 1994, 942; BGH MDR 1976, 1005). Begleitumstände, die im vorliegenden Fall dafür sprechen, dass die Zahlung der erstinstanzlich ausgeurteilten Summe zum Wegfall der Beschwer geführt hat, fehlen. Vielmehr bestätigt der oben dargelegte Ablauf die Darstellung der Beklagten, dass sie die Summe tatsächlich nur in dem Bestreben bezahlt hat, eine mögliche Zwangsvollstreckung abzuwenden und das Auflaufen weiterer Zinsen zu vermeiden.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Das LG hat die Beklagten zu Recht verurteilt, als Gesamtschuldner weitere 747,23 EUR nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Der Anspruc...