Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur Grundbuchberichtigung. Erbteilsübertragung
Leitsatz (redaktionell)
Das in einem Erbteilübertragungsvertrag enthaltene Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft bedarf zu seiner jeweiligen Wirksamkeit der Einhaltung beider selbstständig nebeneinander stehenden Formvorschriften.
Normenkette
BGB § 2033 Abs. 1 S. 2, §§ 2371, 2385 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 21.11.1994; Aktenzeichen 6 O 1362/94) |
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers und die Anschlußberufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Erfurt vom 21. November 1994 werden zurückgewiesen.
II.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 1/4 und der Beklagte 3/4 zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 14.000,– DM abwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit auch durch selbstschuldnerische, unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft eines in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
IV.
Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt den Betrag von 60.000,– DM; der Kläger ist um weniger als 60.000,– DM beschwert.
Tatbestand
Der 1902 geborene Lederhändler H. S. war seit 1974 verwitwet. Aufgrund gemeinschaftlichen Testaments vom 09. September 1962 wurde er zum uneingeschränkten Alleinerben seiner Ehefrau I. M. J. geb. B. Aus der Ehe sind zwei Söhne, der Kläger und der Beklagte, sowie zwei Töchter hervorgegangen. Der Beklagte wohnte mit seinem Vater im gleichen Haus in Erfurt. Seine Geschwister leben seit längerer Zeit in Westdeutschland. Der Beklagte führt die seit 1896 bestehende Lederhandlung, welche er 1975 von seinem Vater unentgeltlich übernommen hatte. H. S. war Alleineigentümer des Wohnhauses … in … und eines Gartengrundstücks in E. Außerdem war er in ungeteilter Erbfolge nach seinem 1956 verstorbenen Vater A. S. Miteigentümer zu 1/7 an den bebauten Grundstücken P., S. und D. in E. Ferner unterhielt er bei der Kreissparkasse E. ein Spar- und bei der Genossenschaftskasse für Handwerk & Gewerbe ein Girokonto. Zu seinem beweglichen Vermögen zählten eine Briefmarkensammlung, Möbel und sonstige Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände. Am 16. Juli 1990 errichtete H. S. ein eigenhändiges Testament. Wegen der Einzelheiten dieser letztwilligen Verfügung wird auf die Abschrift (Bl. 15/20 der Akten) verwiesen. Am 29. Mai 1991 erteilte er dem Beklagten eine schriftliche Vollmacht, ihn unter Befreiung der Beschränkung des § 181 BGB in allen Angelegenheiten, die den Nachlaß von A. S. betreffen, zu vertreten. Wegen des Inhalts der Vollmachtsurkunde wird auf Bl. 7 der Akten verwiesen. Mit Urkunde Nr. 678/91 vom selben Tage beglaubigte der Notar S. in E. daß H. S. die Vollmacht eigenhändig und in seiner Anwesenheit unterschrieben habe. Unter Vorlage dieser Vollmacht ließ der Beklagte am 22. August 1991 durch die Notarin M. in Erfurt einen Erbteilsübertragungsvertrag beurkunden (Urkunde Nr. 1296/91), wodurch der Anteil seines Vaters an der Erbengemeinschaft nach seinem Großvater auf ihn überschrieben wurde. Am 03. Juni 1992 wurde die Erbteilsübertragung ins Grundbuch eingetragen. Am 21. Dezember 1991 verstarb H. S. Das Nachlaßgericht E. (VI 12/92) erteilte unter dem 07. Februar 1992 einen gemeinschaftlichen Erbschein, demzufolge der Erblasser von seinen vier Kindern zu gleichen Teilen beerbt worden sei (Bl. 43 der Akten).
Die Parteien streiten darüber, ob die Erben des H. S. in dessen Stellung in die Erbengemeinschaft nach seinem Vater A. S. eingerückt sind.
Der Kläger hat hierzu die Auffassung vertreten,
die Erbteilsübertragung sei nichtig, weil die ihr zugrundeliegende Vollmacht nicht notariell beurkundet sei. Der Beklagte sei deswegen zu Unrecht als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. Er sei überdies auch nicht Erbe des H. S. geworden; der Erblasser habe in seiner letztwilligen Verfügung deutlich zum Ausdruck gebracht, daß der Beklagte mit der Übertragung der Lederhandlung bereits abgeschichtet worden sei. Noch kurz vor seinem Tode sei der Erblasser darüber erbost gewesen, daß ihm der Beklagte die Vollmacht entlockt und die Umschreibung seines Anteils an den Grundstücken auf sich bewerkstelligt habe. Der Erblasser habe deshalb schriftlich festgehalten, daß der Beklagte nichts mehr bekommen und die Erbteilsübertragung rückgängig gemacht werden solle.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Berichtigung des Grundbuchs zuzustimmen, daß an seiner Stelle
I.
W. S. R. B. und G. N. in Erbengemeinschaft,
II. hilfsweise
W. S. R. B., G. N. und W. S. in Erbengemeinschaft
als Miteigentümer der drei Grundstücke der Erbengemeinschaft nach A. S. in E
- P. (Grundbuch von E., Bl. 2232)
- S. (Grundbuch von E., Bl. 2363)
- D. (Grundbuch von E., Bl. 422)
im Grundbuch eingetragen werden.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ...