Verfahrensgang

LG Gera (Urteil vom 09.05.2016; Aktenzeichen 12 HKO 169/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Gera vom 09.05.2016, Az. 12 HK 0169/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Gera ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger, ein klagebefugter Verband, macht einen Unterlassungsanspruch wegen einer Werbung der Beklagten geltend, die (vgl. Anlage K 3) für ihr Fitnessstudio in - und die Trainingsmethode "P." damit geworben hatte, dass diese Methode u.a. zur Linderung von Rückenschmerzen geeignet sei. Nachdem die Beklagte nach Abmahnung eine Teil-Unterlassungserklärung abgegeben hatte, verfolgt der Kläger noch einen Unterlassungsanspruch bezüglich zweier weiterer Aussagen (vgl. Anlage K 6), die im Rahmen dieser Werbung getroffen wurden, nämlich

"Endlich schmerzfrei leben? - jetzt auch in - - Innovation aus der Raumfahrt kann Rückenschmerzen lindern" sowie - "S. Nutzt das Training zweimal in der Woche ... Nicht nur seine Rückenschmerzen haben sich deutlich verbessert."

Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte nicht habe darlegen können, dass ihre gesundheitsbezogene Werbung wissenschaftlich abgesichert sei. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte macht geltend, sie habe keinen konkreten Erfolg versprochen, sondern habe nur darauf hingewiesen, dass Rückenschmerzen gelindert werden könnten. Im Text sei zum Ausdruck gekommen, dass die Beklagte lediglich "meine", ein Rezept gegen Rückenschmerzen gefunden zu haben. Es sei nicht erforderlich, eine Studie, die die betreffende Werbeaussage "1:1" bestätige, vorzulegen. Die erstinstanzlich vorgelegten Studien belegten ausreichend, dass durch das Training mit "P-" eine Vielzahl positiver Effekte auf die Gesundheit erzielt werden könnten. Insoweit nehmen die Beklagten erneut Bezug auf die Anlagen B3 bis B6 sowie B8 bis B 12. Im Übrigen sei es offenkundig, dass eine Gewichtsreduzierung Rückenschmerzen lindern könne. Ebenso sei es offenkundig, weil allgemein bekannt, dass der Aufbau von Rückenmuskulatur ebenfalls Rückenschmerzen entgegenwirken könne. Schließlich legt die Beklagte mit der Berufungsbegründung (Anlagen BB 1 bis BB 5) weitere Studien vor, durch die eine ausreichende wissenschaftliche Absicherung belegt werde.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Vorlage weiterer Studien sei ein im Berufungsverfahren nicht mehr zu berücksichtigender Vortrag.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das LG einen Unterlassungsanspruch des Klägers bejaht. Daran ändern auch die Angriffe der Berufung nichts.

1. Der Unterlassungsanspruch kann allerdings nicht auf §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 18 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG gestützt werden. Tatbestandliche Voraussetzung ist insoweit, dass die Aussage beinhaltet, dass durch das Produkt bzw. die Methode eine Krankheit, Funktionsstörung oder Missbildungen geheilt werden könne. Nicht erfasst sind Aussagen über die Eignung zur Verhütung einer Krankheit oder über die Eignung zur Linderung von Krankheitssymptomen (vgl. MünchKommUWG/Alexander § 3 As. 3 Nr. 18 Rn. 25). Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf eine I rreführung über die Eignung zur Linderung ist bei den per-se-Verboten des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG grundsätzlich unzulässig.

2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich jedoch aus §§ 8 Abs. 1,3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG.

a) Insoweit liegt ein Fall der Irreführung über die (gesundheitliche) Wirkung der beworbenen Dienstleistung bzw. Trainingsmethode vor. Der durch die Publikumswerbung angesprochene Durchschnitlsverbraucher versteht die Werbung, und zwar beide angegriffenen Werbeaussagen, dahin, dass durch ein Training auf der "P-" Rückenschmerzen gelindert oder verbessert bzw. Schmerzfreiheit erreicht werden könne. Dies gilt insbesondere auch für die Werbeaussage "S- (...) nutzt das Training zweimal in der Woche (...) nicht nur seine Rückenschmerzen haben sich deutlich verbessert". Diese Aussage wird vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher in ihrem wesentlichen Aussagegehalt nicht dahin verstanden, es würden in einem Einzelfall die subjektiven Eindrücke eines Kunden ohne Verallgemeinerungswert geschildert. Vielmehr geht es durch den Verweis auf eine "reelle Person" gerade darum, einen Beleg dafür zu bieten, dass die beworbene Methode eine gesundheitliche Verbesserung bei Rückenschmerzen bewirke. Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, ob sich der erwähnte Patient selbst tatsächlich besser fühlt oder nicht.

b) Im Bereich der gesundheitsbezogenen Werbung sind besonders strenge Anforderungen vor allem an die Richtigke...

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