Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage auf Erfüllung eines außergerichtlichen Vergleichs in noch rechthängiger Streitsache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Annahme eines außergerichtlichen Vergleichs ggü. dem Gegner reicht für einen Vergleich i S des § 278 Abs. 6 ZPO nicht aus, wenn die Annahme nicht ggü. dem Gericht erklärt wird.

2. Ein außergerichtlicher Vergleich beendet den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Er gewährt dem Beklagten im gerichtlichen Verfahren eine Einrede gegen den durch Vergleich erledigten Anspruch.

3. Aufgrund außergerichtlichen Vergleichs kann im Wege der Klageänderung die Verurteilung gem. dem Vergleich beantragt werden.

4. Auch wenn der Beklagte mit einer neuen Partnerin zusammengezogen ist, verringert sich sein notwendiger Selbstbehalt nicht (vgl. Senat, Beschl. v. 18.7.2005 - 1 WF 138/05).

 

Normenkette

ZPO § 278 Abs. 6; BGB § 779

 

Verfahrensgang

AG Gera (Urteil vom 17.11.2005; Aktenzeichen 2 F 463/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Gera vom 17.11.2005 (Az. 2 F 463/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

II. Der Beklagte zahlt an die Klägerin

1. einen rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1.3.-30.6.2005 i.H.v. 800 EUR,

2. einen monatlichen im voraus bis zum 3. eines jeden Monats zu entrichtenden Trennungsunterhalt vom 1.7.2005-31.8.2005 i.H.v. 400 EUR und ab dem 1.9.2005 i.H.v. 158 EUR, abzgl. gezahlter 1.000 EUR.

III. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten der I. Instanz tragen die Klägerin 55 % und der Beklagte 45 %. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin zu 43 % und der Beklagte zu 57 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

VI. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf [Rückstand: 800 EUR + (12 × 400 EUR =) 4.800 EUR =] 5.600 EUR festgesetzt.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem AG wird in Abänderung des Beschlusses vom 21.11.2005 ab dem 22.8.2005 auf 5.600 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat den Beklagten auf einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 655 EUR ab dem 1.7.2005 sowie auf rückständigen Unterhalt i.H.v. 1820 EUR für die Zeit vom 1.3.2005-31.6.2005 (4 × 655 EUR = 2.620 EUR - 600 EUR =) 2.020 EUR in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.7.2005 - unter Beifügung eines (vorprozessualen) Schreibens des Beklagten vom 14.6.2005, gerichtet an die Klägerin, in dem der Beklagte ihr vorschlägt, monatlich 400 EUR zu zahlen, - angeführt, sie sei grundsätzlich einigungsbereit. Voraussetzung sei die gerichtliche Protokollierung des vorgeschlagenen Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO:

"1. Der Beklagte zahlt an die Klägerin ab Juli 2005 einen monatlichen, im voraus bis zum 3. eines jeden Monats zu entrichtenden Trennungsunterhalt i.H.v. 400 EUR.

2. Der Beklagte zahlt an die Klägerin einen rückständigen Unterhaltsbetrag für die Zeit vom 1.3.2005-30.6.2005 i.H.v. 800 EUR.

3. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben".

Die Parteien haben in der Berufungsinstanz mit Schriftsätzen vom 20.4.2006 unstreitig gestellt, dass der Beklagte über die für die Monate März-Juni 2005 gezahlten 800 EUR, die in Ziff. 2 Abs. 1 des Urteils des AG Gera vom 17.11.2005 bereits in Abzug gebracht sind, vom 1.7.2005-31.10.2005 weitere 1.000 EUR gezahlt hat. 417,59 EUR wurden am 12.4.1996 durch Pfändung vom Arbeitslohn des Beklagten einbehalten.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Parteien lebten seit dem 13.8.2004 voneinander getrennt. Der Beklagte zahle freiwillig monatlich 200 EUR.

Sie sei bedürftig. Ihr sei es nach dem Umzug zu Beginn der Trennungszeit zunächst gelungen, eine geringfügige Beschäftigung zu finden. Nachdem sie sich einige Zeit später einer Operation am Fuß unterziehen musste, habe sie die Beschäftigung nicht mehr fortführen können. Sie sei arbeitslos und beziehe Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Arbeitsgemeinschaft des Landkreises Neumarkt.

Sie sei gem. Ziff. 19 der Süddeutschen Unterhaltleitlinien im ersten Trennungsjahr auch nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Der Beklagte sei leistungsfähig. Im Jahre 2004 habe er ein Bruttoeinkommen i.H.v. 22.022,15 EUR erhalten. Unter Anwendung von Steuerklasse 1 ab dem Jahre 2005 errechne sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1226,18 EUR, zudem erhalte er im Jahre 2004 eine Steuererstattung i.H.v. 1090,28 EUR, was einem monatlichen Betrag von 90,86 EUR entspreche. Das monatliche Gesamtnettoeinkommen erhöhe sich daher auf 1317,04 EUR. Für die Berechnung des Ehegattenunterhalts sei dieses Einkommens zunächst um berufsbedingte Aufwendungen von 5 % und somit um 65,85 EUR zu bereinigen. Unter weiterer Anrechnung des Erwerbstätigenbonus von 10 % aus 1.251,19 EUR (1.317,04 EUR - 65,85 EUR) ergebe sich ein bereinigtes Netto - Einkommen von 1.126,07 EUR (1.251,19 EUR - 125,12 EUR) und ein Unterhaltsanspruch i.H.v. 563 EUR.

Der Beklagte habe jedoch ab dem Jahre 2005 den Ehegattenunterhalt im Rahmen des begrenzten Realsplittings steuerlich als Sonderausgaben geltend zu machen. Der sich ...

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