Cesare Vannucchi, Dr. Marcel Holthusen
Rz. 861
Im Rahmen der Sozialauswahl muss die Möglichkeit des Arbeitnehmers, Frührente zu beantragen, unberücksichtigt bleiben. Denn eine zugunsten eines älteren und länger beschäftigten Arbeitnehmers getroffene Sozialauswahl kann nach Ansicht des LAG Düsseldorf nicht deshalb als fehlerhaft beanstandet werden, weil diesen Arbeitnehmer aufgrund seiner Rentennähe eine Arbeitslosigkeit weniger hart träfe als einen Arbeitskollegen, der, weil er jünger ist, vom Erreichen der Altersgrenze noch weiter entfernt ist. Eine solche Bewertung liefe den gesetzlich festgelegten Sozialauswahlkriterien "Lebensalter" und "Dauer der Betriebszugehörigkeit" zuwider. Zudem darf in die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers in Bezug auf einen Eintritt in den Altersruhestand vor Erreichen der Regelaltersgrenze nicht eingegriffen werden. Dies gilt umso mehr, als dass ein vorgezogener Eintritt in den Ruhestand finanzielle Einbußen in Form niedrigerer Rentenansprüche bedeutet. Würde man die bloße Möglichkeit des Arbeitnehmers, den Vorruhestand zu beantragen, im Rahmen der Sozialauswahl berücksichtigen, könnte dies zudem u. U. eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Alters bedeuten.
Rz. 862
Zuungunsten des Arbeitnehmers kann hingegen ein – aufgrund des Erreichens des Renteneintrittsalters – bereits bestehender Anspruch auf staatliche oder betriebliche Rente berücksichtigt werden. Die sozialrechtliche Absicherung kann i. d. R. zum Nachteil des rentenberechtigten Arbeitnehmers gewichtet werden. Insofern verbietet § 41 Satz 1 SGB IV zwar die Kündigung wegen eines Anspruchs auf Rente, steht der Heranziehung solcher Erwägungen im Rahmen der Sozialauswahlabwägung aber nicht entgegen. Aber auch die Berücksichtigung eines Rentenanspruchs kann ggf. eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Alters bedeuten.
Rz. 863
Für Rentenansprüche des Ehepartners gelten dieselben Grundsätze wie für dessen Einkommen (vgl. Rz. 859).