Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war primär die Frage, ob ein einstweiliges Anordnungsverfahren und ein Hauptsacheverfahren zum Trennungsunterhalt zeitgleich parallel und nebeneinander betrieben werden können und ob im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens der Trennungsunterhalt zeitlich und betragsmäßig begrenzt werden kann.
Sachverhalt
Die Beteiligten waren Eheleute und lebten seit August 2009 voneinander getrennt. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1993 und 1999 geborene Kinder hervorgegangen, die bei der Antragstellerin lebten. Der von dem Antragsgegner zu leistende Kindesunterhalt war durch Jugendamtsurkunden über monatlich 371,00 EUR und 305,00 EUR tituliert.
Die Antragstellerin machte ihre Ansprüche auf Trennungsunterhalt im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens geltend. Parallel dazu leitete sie ein Hauptsacheverfahren ein. Im Termin am 29.4.2010 erklärten die Beteiligten übereinstimmend die Hauptsache für erledigt. Das AG hat daraufhin durch Beschluss vom 29.4.2010 die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Gegen diesen Beschluss wandte sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und dem Antrag, die Kosten des gesamten Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.
Zur Begründung führte er an, nahezu zeitgleich sei ein einstweiliges Anordnungsverfahren und ein Hauptsacheverfahren anhängig gewesen. Beide Verfahren seien insoweit deckungsgleich gewesen, als ein monatlicher Trennungsunterhalt i.H.v. 440,00 EUR geltend gemacht worden sei. In dem einstweiligen Anordnungsverfahren habe er sich verpflichtet, monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 335,83 EUR an die Antragstellerin zu zahlen.
Es sei nicht erforderlich, neben dem einstweiligen Anordnungsverfahren parallel ein Hauptsacheverfahren mit den gleichen Anträgen einleiten zu lassen. Spätestens nach dem Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens hätte die Antragstellerin das Hauptsacheverfahren nicht weiterführen dürfen, durch das unnötige Kosten entstanden seien. Es sei deshalb gerechtfertigt, ihr die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für zulässig, jedoch für nicht begründet.
Zum Teil werde in Unterhaltssachen bei übereinstimmender Erledigung eines Antrages die Anwendung des Rechtsgedankens des § 91a ZPO befürwortet (Keidel/Giers, FamFG, § 243 Rz. 2).
Nach anderer Ansicht sei ein Rückgriff auf § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO nicht erforderlich, weil § 243 S. 1 FamFG selbst eine Entscheidung nach billigem Ermessen vorschreibe (Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., Rz. 8).
Da in § 243 FamFG der Fall der übereinstimmenden Erledigung der Hauptsache nicht ausdrücklich ausgeführt sei, sei bei der zu treffenden Billigkeitsentscheidung ebenso wie bei § 91a ZPO auf den Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Abgabe der Erledigungserklärungen abzustellen.
Unstreitig sei im Zeitpunkt der Antragserhebung zugunsten der Antragstellerin ein Trennungsunterhaltsanspruch nicht tituliert gewesen. Ein Unterhaltsgläubiger habe grundsätzlich auch dann ein Rechtsschutzinteresse an der vollständigen Titulierung seines Unterhaltsanspruchs, wenn der Schuldner den Unterhalt bisher regelmäßig und rechtzeitig gezahlt habe (BGH FamRZ 1998, 1165).
Der Grund hierfür liege darin, dass der Schuldner seine freiwilligen Zahlungen jederzeit einstellen könne und der Unterhaltsgläubiger auf laufende pünktliche Unterhaltsleistungen angewiesen sei.
Im vorliegenden Fall fehle es jedoch schon an einer freiwilligen Unterhaltszahlung des Antragsgegners. Nur der Unterhaltsschuldner, der den vollen geschuldeten Unterhalt regelmäßig zahle, gebe dem Unterhaltsgläubiger keinen Anlass zur Erhebung einer Klage i.S.v. § 93 ZPO. Der Unterhaltsgläubiger müsse deswegen, wenn er die Rechtsfolgen eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO vermeiden wolle, den Unterhaltsgläubiger in solchen Fällen zunächst zur außergerichtlichen Titulierung des Unterhaltsanspruchs auffordern.
Im vorliegenden Fall habe die Antragstellerin den Antragsgegner mit Schreiben vom 14.9., 6.10. und 12.10.2009 zur Unterhaltszahlung aufgefordert.
Der Antragsgegner hätte sofort anerkennen müsse, um eine für ihn günstigere Kostenentscheidung nach § 91a ZPO herbeizuführen. Dies habe er nicht getan, sondern durch seine Antragstellerin im Verfahrenskostenhilfeverfahren zu erkennen gegeben, dass er über den 31.12.2009 zu Unterhaltszahlungen nicht bereit sei.
Der Antragsgegner könne sich im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auch nicht darauf berufen, es sei nach der Reform nicht erforderlich, neben dem einstweiligen Anordnungsverfahren auch noch ein Hauptsacheverfahren einzuleiten. Die Wahlmöglichkeit bezüglich der Einleitung der Hauptsache in Antragssachen entspreche der Verfahrensautonomie der Beteiligten (Prütting/Helms/Bömelburg, FamFG, § 246 Rz. 5).
Zwar stehe es dem Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung frei, den vollen, nach materiell-rechtlichen Vorschriften geschuldeten laufend...