Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer darf auf dem Treppenabsatz im Treppenhaus grundsätzlich Pflanzen sowie dazugehörig Töpfe bzw. Metallständer für Töpfe und andere Dekorationsgegenstände aufstellen. Denn bei der Dekoration des Treppenhauses handelt es sich um ein sozialadäquates und grundsätzlich nicht beeinträchtigendes Verhalten.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1
Das Problem
Wohnungseigentümer K klagt gegen Wohnungseigentümer B auf Beseitigung und Unterlassung. B hat auf dem Treppenabsatz im Treppenhaus (nahe den zur Außenseite liegenden Fenstern, auf und vor dort befindlichen Absätzen sowie vereinzelt vor Wohnungseingangstüren) Pflanzen sowie dazugehörig Töpfe bzw. Metallständer für Töpfe und andere Dekorationsgegenstände aufgestellt. K meint, B beeinträchtige ihn durch dieses Tun. Das Landgericht (LG) sieht das anders!
Die Entscheidung
Nach Ansicht der Kammer liegt im Aufstellen von Pflanzen und anderer Dekorationsgegenstände im Treppenhaus keine erhebliche Beeinträchtigung i.S.v. § 14 Nr. 1 WEG.
- Ob eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung, also ein Nachteil vorliege, sei eine Frage des Einzelfalls. Ganz geringfügige Beeinträchtigungen seien zu dulden. Ob es so liege, sei nach objektiven Kriterien zu beurteilen, also ob sich ein Sondereigentümer nach der Verkehrsanschauung in entsprechender Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen dürfe. Diese Beeinträchtigung müsse dann weiterhin über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen. Hierbei sei das Abstellen von Sachen nicht an sich zu untersagen (Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.5.1996, 3 Wx 88/96, NJWE-MietR 1996 S. 250).
- K sehe die Beeinträchtigung in der Verengung des Rettungswegs. Auf Grundlage der vorgelegten Fotos sei eine Verengung des Rettungswegs aber nicht zu erkennen. Wie auf den Fotos zu sehen sei, nähmen die Pflanzen und sonstigen von B aufgestellten Sachen nur einen geringen Teil der Fläche des Treppenhauses ein. Sie befänden sich allesamt in unmittelbarer Nähe zu Fenstern oder Wänden und versperrten den Treppenaufgang nicht. Der Durchgang im Treppenaufgang sei, wenn überhaupt, nur unerheblich beeinträchtigt. Insgesamt handele es sich um einen Gebrauch, der "den Rahmen des Üblichen" nicht überschreite. Denn bei der "Dekoration des Treppenhauses" handele es sich um ein sozialadäquates Verhalten. Eine Dekoration freier Flächen im Treppenhaus sei als üblicher Gebrauch solcher Flächen zu bewerten.
- Es liege auch kein Fall des faktischen Alleingebrauchs vor. Denn das Treppenhaus werde von B nur in geringem Maße gebraucht. Und auch anderen Wohnungseigentümern sei es möglich, Pflanzen oder Dekorationsgegenstände im Treppenhaus, etwa auf den Fensterbänken, aufzustellen. Sollte es insofern zum Konflikt komme, bleibe es den Wohnungseigentümer vorbehalten, den Gebrauch durch Beschluss zu regeln.
Kommentar
Das Treppenhaus steht nach § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG im gemeinschaftlichen Eigentum. Wie man dieses gebrauchen darf, kann vereinbart oder beschlossen werden. Fehlt es an diesen Bestimmungen, regelt § 14 Nr. 1 WEG, was gilt. Ein Wohnungseigentümer darf danach den anderen Wohnungseigentümern durch den Gebrauch des Treppenhauses keinen vermeidbaren Nachteil zufügen und darf sich natürlich auch kein Sondernutzungsrecht anmaßen. "Grenzfälle" sind z.B. vorübergehender Schmuck an der Haustür zu Ostern oder zu Weihnachten. Bänke, Schränke, Garderoben oder Pflanzen sind aber ein "No-Go". Die dauerhafte Dekoration des Treppenhauses mit diesen Dingen ist schlicht unzulässig. Das LG irrt also. Ferner irrt es, wenn es meint, ein Wohnungseigentümer maße sich durch das Aufstellen von Dingen im Treppenhaus kein Sondernutzungsrecht an. Das Gegenteil ist richtig. Und auch der Hinweis, man könne ja selbst Dinge im Treppenhaus aufstellen (eine "Blumenschlacht?"), ist falsch.
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Treppenhaus: MietrechtDer Mieter darf im Treppenhaus grundsätzlich nichts abstellen. Anders ist es, wenn das so vereinbart ist, oder er nach einer Abwägung einen Anspruch auf Gebrauch des Treppenhauses für das Abstellen von Dingen hat, z.B. für einen Kinderwagen, einen Rollator oder einen Rollstuhl. Pflanzen gehören nicht dazu (AG Münster, Urteil v. 31.7.2008, 38 C 1858/08; AG Köln, Urteil v. 15.4.1983, 221 C 503/82; Weißker in Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 5. Auflage, § 16 Rn. 53; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Auflage, § 535 Rn. 359). |
Was ist für den Verwalter wichtig?
Der Verwalter sollte sich am Frieden in einer Wohnungseigentumsanlage aktiv beteiligen. Dazu gehört es, den Wohnungseigentümern vorzuschlagen, eine Hausordnung aufzustellen, die u.a. regeln sollte, was man im Treppenhaus darf und was nicht. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass keine Sondernutzungsrechte begründet werden. Denn ein solcher Beschluss wäre nichtig.
Link zur Entscheidung
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.03.2019, 2-13 S 94/18