Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Verfügt ein Haus über keinen Aufzug und sind Wohnungseigentümer gehbehindert, so fällt es ihnen häufig schwer, über die Treppe in ihre in den oberen Etagen gelegene Wohnung zu gelangen. Eigentümer, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, benötigen in solchen Situationen in der Regel fremde Hilfe, um ihre Wohnung verlassen zu können bzw. dorthin zurückzugelangen. Aus solchen Gründen wird oft die Verwaltung bzw. werden die übrigen Eigentümer gebeten, den Einbau eines Treppenlifts auf eigene Kosten oder auf Kosten der Gemeinschaft zu genehmigen.
1 Grundsätze
Der Einbau eines Treppenlifts stellt grundsätzlich eine bauliche Veränderung gemäß § 20 Abs. 1 WEG dar, denn es handelt sich hierbei nicht um eine Instandhaltung durch Erhaltung des ursprünglich ordnungsgemäßen Zustands. Vielmehr stellt der Einbau eines Treppenlifts eine bauliche Veränderung dar, die zwingend einer Beschlussfassung bedarf, wobei die einfache Mehrheit stets ausreicht.
1.1 Änderung des Erscheinungsbildes des Treppenhauses
Durch den Treppenlift wird das Erscheinungsbild des Treppenhauses verändert. Dies steht aber weder einer Vornahme- noch einer Gestattungsbeschlussfassung im Wege. Die Grenzen baulicher Veränderungen regelt § 20 Abs. 4 WEG. Hiernach darf die bauliche Veränderung weder zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen, noch einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern unbillig benachteiligen. Beides ist beim Einbau eines Treppenlifts zu verneinen.
1.2 Einschränkung wesentlicher Funktionen der Treppe
Treppen stellen in der Regel Fluchtwege dar. Damit durch den Einbau eines Treppenlifts der Brandschutz nicht beeinträchtigt wird, sehen die Landesbauordnungen sowie die DIN 18065 verbindliche Regelungen für die Installation von Treppenliften vor. Nach diesen Vorschriften ist der nachträgliche Einbau eines Treppenlifts im Wesentlichen unter folgenden Voraussetzungen erlaubt:
- Die Funktion der Treppe als Teil des ersten Rettungswegs darf nicht beeinträchtigt werden.
- Durch die Treppe im Treppenhaus dürfen ausschließlich Wohnungen oder Sondereigentumseinheiten mit vergleichbaren Nutzungen erschlossen werden.
- Durch die Führungsschiene des Treppenlifts darf die vorgeschriebene Mindestlaufbreite der Treppe von 100 cm nicht wesentlich unterschritten werden.
- Wenn die Treppenlauflinie nicht verändert wird, ist eine untere Einschränkung des Lichtraumprofils von maximal 20 cm in der Breite und maximal 50 cm in der Höhe möglich. Der Treppenhandlauf muss weiterhin nutzbar sein.
- Für den Fall, dass der Treppenlift über mehrere Geschosse verläuft und die Restlaufbreite der Treppe unter 60 cm beträgt, muss in jeder Etage eine Wartefläche vorhanden sein, die ausreichend Platz bietet, damit im Treppenlift entgegenkommende Personen abwarten können.
- Der Treppenlauf darf durch einen "parkenden" Lift nicht eingeschränkt werden. Er muss im Notfall auch per Hand in seine Ruheposition geschoben werden können.
- Um Brandgefahren auszuschließen, muss der Treppenlift aus nichtbrennbaren Materialien gefertigt sein. Der Lift muss gegen Missbrauch gesichert sein.
- Ist der Treppenlift ohne Passagiere unterwegs, muss bei hochgeklapptem Sitz eine Restlaufbreite der Treppe von 60 cm vorhanden sein.
Genehmigung durch Baubehörde bei geringfügigen Abweichungen von den Vorgaben möglich
Im Einzelfall kann von den vorgenannten Maßen geringfügig abgewichen werden, wenn die Baubehörde hierzu ihre Zustimmung erteilt. So kann die Verringerung der nutzbaren Breite einer Treppe durch den Einbau eines Treppenlifts unter die oben genannte Mindestbreite ein noch hinnehmbarer Nachteil sein, wenn die zuständige Baubehörde die Genehmigung für den konkreten Treppenlift unter den vorgenannten Umständen erteilt.
1.3 Versicherungsschutz
Durch einen Treppenlift kann auch der Versicherungsschutz beeinträchtigt werden. Diese Gefahr ist durch eine entsprechende Negativbescheinigung des Versicherers auszuräumen.
2 Vornahmemaßnahme
Die Wohnungseigentümer können mehrheitlich den Einbau eines Treppenlifts durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschließen. Dies wird regelmäßig in Wohnanlagen der Fall sein, in denen überwiegend Senioren Wohnungseigentümer sind. Kostentragungsverpflichtet sind nach § 21 Abs. 1 WEG diejenigen Wohnungseigentümer, die für die Maßnahme gestimmt haben. Insoweit sind dann diejenigen Wohnungseigentümer von einer Kostenlast befreit, die nicht für den Einbau stimmen, weil sie auf einen Treppenlift auch in fernerer Zukunft nicht angewiesen sein werden. Sie dürfen ihn aber auch nicht nutzen.
Die Betriebs- und Erhaltungskosten sind ebenfalls nur von den zustimmenden Wohnungseigentümern zu tragen.
Namentliche Protokollierung
Der Verwalter hat in derartigen Fällen eine namentliche Protokollierung des Beschlussergebnisses vorzunehmen, sodass hinsichtlich des Rechts zum Gebrauch und der Kostenverteilung klare Verhältnisse bestehen.